Das Licht bleibt an (sogar im Kühlschrank)

Auch wenn´s nur ein beliebiger Sonntag war, dieser letzte, an dem satte ¾ des deutschen Energiebedarfs aus „Erneuerbaren“ gedeckt wurden (und deshalb die Strompreise ins echte Minus drehten, unerhört) – insgesamt stehen für das erste Quartal 2014 27% aus erneuerbaren Energien zu Buche, in kwh: 40,2 Milliarden (verglichen mit 35.7 im ersten Quartal 2013).

Keine große Meldung, da die Versorger weiterhin ihr überkommenes Businessmodell mit Klauen, Zähnen und Mietmäulern verteidigen, aber doch eine Erwähnung am Rande wert – und zwar in Richtung unserer dauergeschürten Grundpanik, direkt nach dem Zusammenbruch des weltweiten Wirtschaftssystems würden hier sofort sämtliche Wohnzimmerlichter ausgehen. Behalten wir mal einen im Sinn: Bummelig 70% des hiesigen Energiekuchens verbraucht unsere exportorientierte Industrie (ohne dafür nennenwerte Preise zu zahlen). Im Fall des globalen Wirtschaftscrashs fällt dieser Posten schlicht weg. Allen erforderlichen Strom für die privaten Haushalte erzeugen wir schon heute aus erneuerbaren Quellen. Eigenen, inländischen. Ohne Tanker und Pipelines.

Also: „Chill ma, Wilma“ (Katharina B., 11). Nach dem Knall bleiben wir einfach alle zuhause, mit Licht an und E-Heizung, kümmern uns endlich mal um unsere Kinder und müssen im Übrigen bloß noch zweimal im Jahr wochenlang säen und ernten. Panik? Ach, warum nicht, aber nach 22 Uhr gern auch mal ein bißchen leiser.

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Lob der Pharmaindustrie

Es bleibt einem doch gar nichts anderes übrig, als vor der Pharmaindustrie begeistert sämtliche Hüte zu ziehen. Ein Medikament, dessen langfristiger Nutzen unbewiesen ist (dafür mit absehbaren hohen Risiken) schlicht per Neuetikettierung aufzuwerten – und statt vorher 20 Euro pro Gramm nun fast 900 pro Gramm zu kassieren*, von Patienten, die schlicht nicht ausweichen können … was bleibt einem da, außer sprachloser Bewunderung?

WDR: Innovative Tricks der Pharmaindustrie – wie man mit alten Medikamenten noch mal ganz neu Geld verdienen kann (6:47)

* am Rande bemerkt: die „Lifesytle & MS“-Website, die ich gerade mit tapferen Ärzten und Betroffenen aufzubauen versuche, wird im Erfolgsfall deutlich mehr Leid verringern als all die neu etikettierten alten Hüte. Dass wir so langsam vorankommen, bitte ich zu entschuldigen, aber wer sich Einmischungen der Pharmaindustrie verbietet, erhält von den deutschen Kassen keinen Cent Geld. Wir Betreiber – vor allem Patienten – sind daher auf kaum vorhandene Eigenmittel angewiesen und auf Spenden, um die ich gelegentlich öffentlich bitten werde (sobald wenigstens die Grundstruktur der umfangreichen lsms.info steht, also vermutlich Ende Mai). Von einer einzigen Lemtrada-Jahresdosis (ca. 40.000 €) könnten wir schon ein ganzes Jahr lang diverse Forscher, Pharmakologen, Fachleute und medizinische Redakteure honorieren, aber ein derart absurdes Kosten-Nutzen-Verhältnis gilt Kassen und Politik selbstredend als obszön. Unser Verständnis hält sich in Grenzen, unsere Bewunderung für die Industrie hingegen bleibt grenzenlos.

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Grober Unfug im Amazonasbecken

Ein absoluter Hit in Amazonien ist Reinhold Beckmanns erste CD „Bei allem sowieso vielleicht“, allerdings primär wegen der interessanten Reaktion des Schwarms auf den etwas sparsamen Versuch des Managements, positive Rezensionen in Umlauf zu bringen. Was den ganz herrlichen Nebeneffekt hat, dass man wirklich exzellent unterhalten wird, lesend, denn die Gestaltungshöhe der Besprechungen ist beträchtlich, und inzwischen haben die Kunstbesprecher sich sogar der positiven Rezesionen bemächtigt, mit leisen, eleganten Klängen: „Habe das Buch auf einer langen Zugfahrt gelesen und habe öfters die Augen zu gemacht und geschmunzelt. Kann es mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Bitte mehr davon.“

Noch viel schöner aber ist, dass im unschätzbaren Amazon-Universum natürlich alle Klicks erfasst werden und so der spaßverseuchte Benutzer via „Kunden wie Sie“ den Weg findet zu noch viel schöneren Flashmob-Höhen; deren strahlendste ich jederfrau und –mann an grauen Tagen wie diesem zur Lektüre empfehle. Nach einem Blick in die sage und schreibe 843 Rezensionen zum Wenger Schweizer Offiziersmesser Giant Messer, mit Schatulle (für nur noch 924,13 €) sind nämlich plötzlich sogar Starkregenwolken mitten im Mai nur noch halb so schlimm.

Drei Beispiele, angespielt, als nützlich empfunden von 5.032 Kunden? Immer gern (Rest, dringend anempfohlen: hier)

„Grundsätzlich bin ich mit den Funktionen des Wenger Giant sehr zu zufrieden. Allerdings scheinen mir die Produktionsstandards etwas mangelhaft zu sein. So habe ich zwischen den Funktionen #721 (Abrissbirne) und #722 (Skisprungschanze) zufällig einen Schweizer Ingenieur (Herr Ing. Meier) gefunden. Dieser ist anscheinend bei der Montage des Wenger Giant vergessen und eingeschlossen worden.“

„Vor einigen Wochen erhielt ich von BP den Auftrag, das undichte Bohrloch der Plattform Deepwater Horizon zu reparieren. Auf die Frage, warum gerade ich dafür ausgewählt wurde, bekam ich als Antwort: „Nun ja, Sie verfügen über die zwei wichtigsten Dinge: Ein Jugendschwimmerabzeichen und und das Riesenoffiziersmesser.““

„Fazit: Für leichtere Tätigkeiten wie den Zusammenbau von Kernreaktoren, die Abwehr von Luft-Boden-Raketen oder das Kommunizieren mit Verstorbenen ist das Riesenoffiziersmesser vielleicht geeignet, aber danach hört es auch schon auf.“

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Augen auf beim Nachfragen

Dr. Nikhil Joshis „10 Dinge, die man nicht zu Krebskranken sagt (und was stattdessen)“ erweitere ich gern um einen filigranen, auch bei MS-Kranken hilfreichen  Tipp, der sich an Joshis #1 direkt anschließt, nämlich: „Wie geht´s dir?“

Am besten fragt man das tatsächlich gar nicht, aber falls doch, dann sicherheitshalber massivsuggestiv als: „Geht´s dir gut?“. Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass der andere wahrheitsgemäß antwortet: „Nicht so“. Und das ist gefährlich, da könnte was nachkommen – erst recht, wenn man weiß, dass der „Nicht so“-Sager echt fies krank ist; da droht´s ja sogar richtig gemeingefährlich zu werden, denn am Ende käme man mit rein verbalem kurz Mitfühlen aus der Nummer nicht mehr raus und müsste fragen, „Kann ich was für dich tun?“ … Arrgh. Und antwortet der Kranke dann „Ja …“ Whoo-ho, Doppelarrgh. Nicht auszudenken.

Aber andererseits: hat man sich doch mal versehentlich derart aufs Glatteis gewagt, lassen sich alle nach dem „Nicht so …“ drohenden Abgründe rasch zuzementieren, mit  raschen Erwiderungen wie: a) „Du, und mir! Ich hatte solche Kopfschmerzen gestern! (cont.)“, oder, höflicher, b) „Du, ja, ein Bekannter von einer Kollegin von mir – der hat sogar Krebs!“

Den möcht´ ich sehen, den bloß 13/19*-Kranken, der da noch auf seinem „Nicht so“ besteht.

Und Herrndorf zitieren, immer wieder, immer wieder gern und immer wieder dies: „Ich habe es bisher immer vermeiden können, meinem Gegenüber mitten im Gespräch den Rücken zuzuwenden und schreiend wegzulaufen oder ihm ins Gesicht zu schlagen, aber dass das auch in Zukunft so bleibt, kann ich nicht garantieren. Ich sterbe, und du erzählst mir ungefragt deinen ganzen nicht enden wollenden langweiligen Lebenslauf, Mädchen auf irgendeiner Party. (…) Und keiner stellt eine Frage. Kein einziger von diesen Hermschwallern stellt eine einzige Frage.“ (Arbeit und Struktur).

Könnte daran liegen, dass sie die „10 Dinge“ nicht wissen. Wahrscheinlicher aber daran, dass sie´s gar nicht wissen wollen, verständlicherweise, denn das geht doch alles von ihrer Redezeit ab.

* Merci, Isabelle. Das ist doch mal wirklich ein schickes She-Who-Must-Not-Be-Named für unsere vernarbte Malaise.

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Follow the money (in Richtung WW 3.0)

Sowieso überall im RSS-Abo, der gute Bröckers, schon klar, aber hier mal ausdrücklich: hübsch quintessentiell, was der geschätzte Kollege in Sachen Russland und Ukraine festhält, unter ruppiger Zitat-Anleihe (Anführungszeichen werden eh überschätzt).

(Assistierend die nachdenkliche Zusatzfrage, kleines Heimatland: Wenn man sich nun mal schon mangels Größe, Masse, Gewicht und Bevölkerung zwischen all diesen fiesen Großreichen USA-RUS-CHN durchlavieren muss – sollte man dann nicht eher denen artig diplomatisch zunicken, die andernfalls zu Fuß einmarschieren könnten? (und, hey, es spricht doch nichts dagegen, weiter amerikanische Serien zu kucken! Das können die doch nun wirklich besser als alle anderen.)

Wie, „feige?“ Hallo? Blick zurück, paar Jahre? Ich war zwar gottlob nicht dabei, aber ich find´s verdammt nett von Russen und Ukrainern, dass sie uns nicht per se revanchistisch schlachten wollen. Friedensvermitteln? Klar, geboten – wenn wer uns ließe. Aber CIA-Sniper auf den Dächern decken? No way. PostIt an den Kühlschrank: Wir stehen tief in der Schuld beider und so gar nicht in denen unserer fernen ausgewanderten Goldsucher.)

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Bulle V

Nein, ausdrücklich nicht unter „Nebel“ (siehe eben, oben) fällt die neue, fünfte Staffel von „Der letzte Bulle„, und zwar nicht nur (aber auch), weil ich mitgeschrieben habe. Die neuen Folgen gibt´s ab Montag, 28. April, in Sat.1, ich kann versichern, dass die Episode No. 4 ganz prima gelungen ist (weil ich sie a) schreiben und b) diesmal sogar vorab sehen durfte; mit Dank an Frau N.). Ich kann aber auch unbesehen versichern, dass der ganze Rest wegweisend ist und durchaus kühn, denn in diesem Fall haben wir, angeführt vom Hauptdarsteller Henning Baum, uns nicht an den angeblichen „Sehgewohnheiten unserer Zuschauer“ (Sprechblase, öffentlich-reaktionelle) orientiert, sondern an unseren eigenen Sehgewohnheiten. Also denen von modernen Zuschauern (jünger als 62, im Schnitt). Die eben nicht permanent abgeschlosssene 45-Minuten-80er-Jahre-Krimis brauchen; die zurecht verwöhnt sind vom großen internationalen Angebot; die eben nicht, wie ARD und ZDF eisern behaupten, zu blöd für eine horizontale Erzählung sind.

Jedenfalls wollen wir das mal hoffen …

Denn sollten wir Pioniere wider Erwarten durchfallen, bedeutet das wahrscheinlich, dass erst 2025 der nächste Versuch unternommen werden darf, das deutsche Fernseh dem gestalterischen Niveau des weltweiten Restprogramms wenigstens anzunähern.

Also: ruft all eure Freunde an, die mit den Media-Control-Boxen unter der Dummbox, und sagt denen, sie sollen ab Montag, 20.15 h, Mörderquoten für uns sammeln. Ist für´n guten Zweck.

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Kaufempfehlung: Roche

Eine schicke Bombe, die mit einem Sack Brennpunkte bedacht werden müsste, jeden Abend um 20.15 h im Ersten und Zweiten, haben die fleißigen Studienauswerter der unabhängigen Cochrane Review (www.cochrane.org) mal wieder ausgebuddelt, aus 20.000 Seiten Studienergebnisse zu den erfolgreichsten Grippe-Blockbustern. Aber keine Sorge: wir Anwohner werden damit nicht behelligt, sondern erfahren´s höchstens am Rande, unter „Vermischtes“ auf Seite 3 der wochenendlichen Wissenschaftsbeilage. Die echte Kurzfassung steckt in der von medscape Deutschland (medscape.com) gelieferten Headline: „Cochrane Review zu Tamiflu & Co.: Vorteile überschätzt, Schäden zu selten berichtet“, die Teufelshorde steckt in den Details.

Tamiflu und Konsorten werden bekanntlich von etlichen Regierungen milliardenschwer aus Steuergeldern bestellt, bezahlt und gehortet, um im Schweine-Vogel-China-Grippen-Pandemiefall das Ärgste von den jeweiligen Bevölkerungen abwenden zu können. Die politischen Entscheider folgen beim Horten primär Empfehlungen der WHO und des US-amerikanischen CDC (Centers for Disease Control and Prevention). Doch auf welche Daten sich WHO und CDC in ihren Empfehlungen stützten, war für die Cochrane-Autoren schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar, weil es diese Daten nicht gibt. Wie sich nun nach Auswertung aller randomisierten Studien zeigt, verkürzt z. B. das angesagte Grippeimpfmittel Oseltamivir die Symptomdauer einer Influenza gerade mal um 16,8 Stunden, hat aber keinen nachweisbaren Effekt auf die Hospitalisierungsrate. Ebensowenig Wirkung zeigt sich bei verifizierten Lungenentzündungen, Nebenhöhlen- oder Mittelohrentzündungen oder Bronchitis, und auch für die behauptete „verringerte Mortalität durch die Einnahme antiviraler Mittel“ konnten die Cochrane-Autoren keinerlei Belege  finden. „Tatsächlich traten insgesamt nur 13 Todesfälle bei den über 24.000 Patienten auf, die in den verschiedenen klinischen Studien untersucht wurden.“ (medscape). Erheblich kürzer gesagt: das ganze Zeug nützt nichts. Nicht nur „so´n bißchen wenig oder kaum“. Sondern: nichts. Kostet aber ein Schweinegrippengeld.

Fiona Godlee, Chefredakteurin des British Medical Journal, wiederholt dazu also ihre No-Brainer-Forderung: „Die Studiendaten aller derzeit verwendeten Medikamente müssen zugänglich gemacht werden“, (selbst wenn man dafür 20 Jahre alte Dokumente durchforsten müsse). Andernfalls „riskiere man erneut eine reflexhafte Reaktion bei Pandemiegefahr. Und könne man sich das wirklich leisten?“ (medscape)

Wie, leisten? Wer? Sich was leisten? (Lachen vom Band). Big Pharma kann sich alles leisten, und wie. Roche hat mit Oseltamivir seit 1999 etwa 13 Milliarden Euro umgesetzt, die Hälfte davon allein mit Verkäufen an Regierungen oder Unternehmen in der ganzen Welt, die für den Pandemiefall gerüstet sein wollten. Die Herausgabe der Studiendaten forderten Forscher schon seit 2009, unterstützt vom BMJ. Roche gab sich erst 2013 geschlagen.

Und nochmal, wie? Das geht doch eigentlich alle an und wäre ein Thema? Ja. Schon. Aber das Fernsehprogramm um 20.15 h ist bis 2016 bereits vollgesteckt mit Nebel. Nicht nur Carmen.

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