Die Vorboten des kommenden Gottes zwinkern aus dem Himmelszelt. Der Kommende hat noch keinen Namen, vielleicht werden wir ihn einfach „El-On“ nennen, vielleicht ehrfürchtig „SS“, vielleicht auch verniedlichend im so beliebten Rudi-Klinsi-Olli-Stil einfach „Starsi“. Bislang heißt der Kommende nur sachlich StarLink. Eine brillante Eingebung, ein sich bewegendes Netz aus empfangenden und sendenden Augen, in festem Abstand zueinander rund um die Uhr den Planeten umkreisend, jeden Ort, jeden Menschen permanent fest im Blick. Etwa 4500 der vorgesehenen 40.000 Gottesaugen sind bereits in 550 Kilometer Höhe unterwegs, bei Bedarf (Defekte kommen vor) leicht austauschbar, und wer mag, kann bei gutem Wetter in Morgen- oder Götterdämmerung die himmlische Perlenkette funkeln sehen. Die exakte Position und Bewegung der einzelnen Augen über dem eigenen Kopf lässt sich hier jederzeit auffinden, eine Auswahl an Hilfsmitteln („Hä, wo genau soll ich hingucken?“) findet sich z. B. hier.
Neben Ehrfurcht empfehle ich die Lektüre von Frank Riegers grundsätzlichen Anmerkungen zum Thema – erfrischend klar und sachlich. Denn es dient der Erkenntnis, den Kopf himmelwärts zu wenden und zu verstehen, was dort geschrieben steht. Das galt schon für Magellan, es gilt auch für die Fahrt auf den vollständig kontrollierten Seewegen der Neuzeit: Willst du hier unten gescheit navigieren, schau nach oben. Ändern können wir die Konstellationen nicht, aber es kann nicht schaden, kenntnisreich zu leben und beizeiten (gern sehr spät) eben nicht mehr.
Für bequemlichkeitsbegeisterte Mitleser: Das alles dient natürlich nur dem Zweck, euer Netflix noch viel, viel schneller zu machen und erst recht die mobile Restaurant- und Partnersuche. Ein Missbrauch der Technik ist ausgeschlossen; wir wären ja mit allen Klammerbeuteln gleichzeitig gepudert, wenn wir das nicht strikt und global geregelt hätten.
Lieber Sven,
Technik kann man nicht missbrauchen, nur anders nutzen, frag den Robert. Man kann zum Beispiel die Atomkraft nutzen um damit Strom zu erzeugen (ausser in Deutschland), man kann sie aber auch dazu nutzen um flächendeckend (selbstleuchtenden) Lebensraum neu zu erschaffen. Selbstverständlich ist beides Klimaneutral.
Lieber Sven Böttcher,
Danke für den himmlischen input und die gewohnt launigen und treffenden Formulierungen!
Ja freilich hat der Mensch die Götter immer schon irgendwo da oben am Firmament angesiedelt. Die Musksche Armada dürfte jedoch sogar die hinduistische Vielgötterei spielend an Zahl übertreffen. Von wegen „Der Weltraum, unendliche Weiten.“ Echt eng wirds da droben! Wie im Meinungskorridor.
Man denkt aber unwillkürlich auch an die hundert- oder tausendäugige Medusa der griechischen Sage, deren Blicke tödlich waren.
Oder an den bis heute ultimativen Kommentar von Goethe zum blinden Fortschritts- und Machbarkeitsglauben der Ingenieure und Technokraten: deren Stammvater wir in seinem Faust erblicken. Am Ende des ersten Teils steht der erblindete (!) Faust inmitten seines Landgewinnungs- und Deichprojekts und vermeint die Scharen seiner Arbeiter mit ihren Schaufeln und Werkzeugen um sich herum zu hören. Es sind aber die Lemuren, die dem doppelt Blinden sein Grab schaufeln… (davon gibt es auch eine packende Vertonung von Robert Schumann in seinen „Szenen zu Goethes Faust“).
Man stelle sich Pascal vor, blickte er heute in den Himmel, der ihn zu manchen Gedanken angeregt hat. Oder Leibniz, der seine prästabilierte Harmonie vom Himmel und der Sphärenharmonie ins Soziale holte. Oder Matthias Claudius mit seinem zurecht unsterblichen „Der Mond ist aufgegangen“, weil nämlich für unseren kranken Nachbarn auch. Oder Johann Peter Hebels wunderbare Volksaufklärungen über Himmel, Sonne, Mond und Sterne, bis heute Glanzlichter deutscher Prosa. Er müsste den Menschen heute das ganze Blech- und Blendwerk erklären und schmackhaft machen inclusive der reichlich am Himmel versprühten sonstigen „Wohltaten“.