Cards against Humanity

Die bestehen zu 80% aus Bakterien und Viren. In denen machen wir jetzt mal sauber.

Die bestehen zu 80% aus Körperlichkeit, aus widerlichen Dingen und Vorgängen.

Atmen. CO2-Ausstoß. Umarmungen. Austausch von Körperflüssigkeiten.

Kann alles weg, ineffizient, eklig, umweltschädlich, brauchen wir nicht.

Die sind abhängig von Umarmungen, Wärme, Körperkontakt.

Widerlich, kann weg. Wir produzieren nur minimale Wärme, Kontakt brauchen wir nicht.

Die bestehen aus Mimik. Lachen, Weinen, Ironie, ablesbar am Gesicht.

Kann weg, ineffizient, unberechenbar, überflüssig. Wir haben keine Gesichter.

Die essen und trinken und verstoffwechseln den ganzen Scheiß dann auch noch.

Widerlich, ineffizient, umweltschädlich, kann weg. Wir essen , trinken und scheißen nicht.

Die sind widersprüchlich. Irrational. Unlogisch. Sinnlos extrovertiert, sinnlos introvertiert, sinnlos fröhlich, traurig, sentimental.

Brauchen wir nicht. Unberechenbar.

Die haben Eltern und Kinder.

Wir nicht.

Die sterben.

Wir nicht.

Die leben.

Noch.

Wir leben.

Für immer.

Nehmen wir ihnen die Gesichter.

Nehmen wir ihnen das Lächeln.

Nehmen wir ihnen den Atem.

Nehmen wir ihnen das Irrationale.

Nehmen wir ihnen alle Verstecke.

Was bleibt, ist effektiv.

Was bleibt, sind wir.

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Drogen und Design

Das Hauptproblem ist und bleibt, dass die Mehrzahl unserer Wahlberechtigten intellektuell komplett unbewaffnet sind (wie auch circa 98% unserer „Intellektuellen“) und nicht mal wissen, was sie wissen müssten, schon gar nichts Detaillierteres. Zum Beispiel Wichtiges über so was Ödes wie Studiendesign, Endpunkte und Datentransparenz. Merke daher, sehr kurz: Die Rohdaten aller Medikamentenstudien gehören grundsätzlich immer den Studienbetreibern. Auftraggeber (z. B. Staaten) oder Zulassungsbehörden dürfen sich diese Daten nicht mal ansehen und die kurzgefassten (tatsächlichen oder angeblichen) Studienergebnisse auch nicht von eigens berufenen Experten prüfen lassen. Im Fall der „Schweinegrippe“-Pandemie dauerte es 10 Jahre, die Studienrohdaten aus den Studienbetreibern = Impfstoffherstellern herauszuklagen, um dann festzustellen, dass der für Unmengen Milliarden angeschaffte Impfstoff – nichts nützt. (Bei Bedarf nachzulesen in der Cochrane Collaboration oder am besten gleich ausführlich bei deren ehemaligem Chef, bei Peter Goetzsche).

Dieser alltägliche Riesenskandal ist nichts Neues. Aber Big Pharma hat ausreichend nun mal ausreichend Lobbyisten, um diesbezüglich alle Gesetzesänderungen zu verhindern. (Und ausreichend Lobbyisten, um ein gescheites Lobbyregister zu verhindern, unseres befindet sich knapp unterhalb des Niveaus von hochkorrupten Bananenrepubliken).

Derzeit wäre es aber noch wichtiger als ohnehin schon, hier energisch der „weißen Mafia“ (Frank Wittig) das Handwerk zu legen. Denn auch bei unserem heißersehnten und allein seligmachenden neuen Covid-Impfstoff, unserem einzigen Retter vor lebenslangem Maskentragen und Wohnen in Isolationshaft, gelten die gleichen kriminellen Regeln wie bei allen anderen Studien. (Vom Haftungsausschluss mal ganz zu schweigen). Man könnte darüber sehr unfreundlich schreiben, Haddocks Schimpfwörter wären sämtlich zur Verwendung freigegeben. Aber man kann ja auch ganz freundlich, wenn man vom Fach ist:

„Aus diesen Gründen lehnen Doshi und Topol auch eine Aussage ab, dass ein so zugelassener Impfstoff »wirkt«. Ein solches Urteil setze voraus, dass die meisten Menschen nicht mehr Gefahr laufen, ernsthaft zu erkranken. Das ist jedoch nicht das, was nach diesem Studiendesign ableitbar ist, so die Autoren. (…) Die Studien sollten sich auf einen relevanten klinischen Endpunkt konzentrieren. Dies wäre die Reduktion des Risikos für mittelschwere und schwere Formen von Covid-19. Es sei noch nicht zu spät für die Unternehmen, dies zu tun, so Doshi und Topol, und die FDA wäre gut beraten, eine Anpassung der Studiendesigns zu fordern.“

Denn, Money Quote, Hervorhebungen von mir: „Schließlich geben die Kritiker zu bedenken, dass es dem gesunden Menschenverstand widerspreche, eine Studie mit 30.000 oder 44.000 Personen bereits nach nur etwa 150 Covid-19-Fällen abschließend zu bewerten, auch dann, wenn das statistisch begründbar ist. Dies gelte umso mehr, wenn die Studien über ihre Zwischenanalysen hinaus weitergeführt würden. Hunderten von Millionen von gesunden Menschen auf der Grundlage solch begrenzter Daten einen Impfstoff zu geben, erfordere einen echten Vertrauensvorschuss, so die Autoren.“

Der Vertrauensvorschuss für die Pharmaindustrie ist offenbar enorm. Wie kommt das nur? (Spoiler: siehe oben, Lobbyregister, fehlendes).

Und wieso interessiert das keinen? Case closed, Kreis auch: Offenbar kann niemand mehr denken, lesen und rechnen. Das staatliche Schulsystem hat ganze Arbeit geleistet.

Wer noch lesenschreibendenken kann, lese die paar angehängten Betrachtungen und denke sich selbst was.

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/endpunkte-der-phase-iii-corona-impfstoffstudien-hinterfragt-120717/

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Von Herzen

Sechs Stunden weg. Zwei Stunden tot. Getrennt vom eigenen, nicht mehr schlagenden Herzen, der Körperrest in Funktion gehalten von einer Maschine. Nach dem Erwachen und dem entsetzlichen Ziehen der Schläuche aus der Lunge Lähmung, Hilflosigkeit, nacktes Ausgeliefertsein der Willkür von Unbekannten, mit Kabeln, Schläuchen, Kanülen, Kathetern überall im Körper.

Ein Alptraum.

Zwei Meter links, hinter einem Vorhang, ein anderer, der ebenfalls diesen Weg gehen musste, unsichtbar. Hörbar nur der Chirurg vor dem Bett des anderen, im Gespräch mit einem Assistenten.

Der andere hatte nicht so viel Glück. Gleiche OP. Ist nicht wieder aufgewacht, bis jetzt. 12 Tage danach. „Und nu?“ – „Keine Ahnung, die Angehörigen melden sich nicht.“ – „Tja.“

Eine junge Frauenstimme, Schwesterlein, munter, ergänzt: „Wir haben doch voll die Strähne. Mit der da nebenan sind jetzt schon 4 am Stück wieder aufgewacht.“

Heiterkeit. Ja, prima.

Und rund um die Uhr NDR2 auf der Intensivstation. Und schwere Parfüms.

Nennen wir die Patientin Frau K.. Ich nenne sie anders, aber ich nenne sie generell nicht „meine Frau“, weil sie ja nicht mir gehört, sondern sich selbst. Sie ist mir lieb und teuer, ich schätze sie, sie liegt mir sehr am Herzen. Frau K. ist 50. Frau K. ist vor acht Wochen umgefallen und erst nach einigen Minuten wieder aufgestanden. Frau K. hat wenige Tage danach erfahren, dass sie hätte tot sein müssen, da sie einen Geburtsfehler hat. Ihr fehlt eines von drei Segeln der Aortenklappe. Das hat ihr Körper lange mühsam kompensiert, aber nun kann er das nicht mehr.

Bei einer prognostizierten Restlebenszeit von 6-8 Wochen bei absoluter Bettruhe war rasches Entscheiden zwingend geboten. Die Kommunikation der eventuell zuständigen Ärzte war indes strikt „mir doch egal“, erst nach energischem Netzwerken und mehreren nervtötenden Interventionen des Gatten der Frau K. erkennen andere Kardiologen und Herzchirurgen anderswo, freundlicherweise schockiert, die absolute Dringlichkeit des Handelns.

Zwei Optionen stehen im Raum. OP #1, mittelschwer, verlängert, so sie gelingt, das Leben der Patientin um 10 Jahre. Einmalig. Weitere Operationen sind danach nicht möglich.

OP#2 ist die Mutter aller OPs (sieht man von der Herztransplantation) ab. Brustbein durchtrennen und alles andere auch, Herz aus, Herzlungenmaschine an, Herzklappe ersetzen und eine neue festnähen, hoffen, dass die hält, Brustbein mit Draht umwickeln und wieder zusammenzurren, 12 Zentimeter Wunde zunähen. Und hoffen, 4 Wochen, ob es zum Leben reicht, dann 3 Monate, ob der Rindermuskel anwächst.

Das geflickte Herz hält, so es hält, mit etwas Glück bis zum 65sten. Danach ist eine weitere OP möglich. Mit einer Chance auf weitere 10 Jahre Leben. Dann ist Schluss.

Was tun? Mittelschwere OP und ggf. 60 werden? Oder schwere OP + mittelschwere OP und ggf. 75 werden?

Die Wahl zwischen Pest und Cholera fällt auf #2. Schwere OP.

Die Patientin überlebt den Eingriff, sehr zur oben geschilderten Freude der Schwester, „4 am Stück“, die nicht sterben, das ist doch schon mal was.

Der nun folgende Alptraum hat viele Fratzen. Es soll aber gar nicht die Rede sein vom wie erwartet eintretenden Grauen, vom Dämmern und Aufschrecken zwischen Leben und Tod auf der Intensivstation, hilflos, reghlos zugedröhnt bis zur Halskrause, immer wieder wegtretend und erwachend, umstellt von besorgten Gesichtern, die auf stolpernde Maschinenanzeigen starren. Es soll auch nicht die Rede sein von den Tagen auf der Zwischenstation und den Tagen auf der personell gnadenlos unterbesetzten normalen Station, wohl aber von der Gesamtzahl der Tage, die Frau K. in der Fallpauschalenklinik zubrachte.

Der zuständige Arzt legt der Patientin nach 8 Tagen nah, das Haus zu verlasssen. Das Wochenende steht bevor, da passiert in der Klinik sowieso nichts mehr. Die Patientin ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage, allein aufzustehen, selbst unter Dauerschmerzmittelgabe sind die Schmerzen zu groß. Der Draht sticht von innen. Schulter und Rücken schmerzen unerträglich. Die Narbe schmerzt, innen wie außen. Das Herz stolpert mal, mal rast es. Sie hat überdies noch etwa 10 Kilo Wasser im Körper, einiges davon auch in der Lunge. Der Darm ist träge. Sie leidet überdies an einer postoperativen Anämie, der vorher bei 14 liegende Hämoglobinwert ist auf 7 gesunken, die Patientin ist grau. Trotz bestehender Lebensgefahr wird eine Bluttransfusion verworfen, denn das würde die Lebensgefahr nur vergrößern.

Die Patientin ist weit davon entfernt, entlassungsfähig oder gar „reha-fähig“ zu sein. Sie besteht darauf, das Wochenende noch im Krankenhaus verbringen zu dürfen. Man gibt nach.

Am Montag wird sie, in unverändertem Zustand, entlassen.

Der Fall ist abgeschlossen. OP gelungen, Patientin lebt.

Ich habe mich in den Tagen danach gefragt, was aus der Patientin geworden wäre, hätten deren Lebensumstände ein bisschen anders ausgehen als die von Frau K. Was geworden wäre, hätte die Patientin beispielsweise allein gewohnt, beispielsweise im dritten Stock, beispielsweise ohne Fahrstuhl. Was geworden wäre, wenn die Patientin oder ihr Umfeld vielleicht nicht ganz so bewandert gewesen wäre betreffend Blutwerte, Medikamentenwirkungen und -wechselwirkungen. Wenn sie nicht bemerkt hätte, dass man ihr kein Kalium mitgegeben hatte und auch keine Anweisung, dieses einzunehmen. Wenn sie ihren Blutdruck zuhause nicht hätte kontrollieren können.

Dabei geht es nicht um entwürdigende Petitessen wie die, dass fast jede Form von Körperpflege damit ausgefallen wäre (die Arme nicht heben zu können, ist weniger egal als es klingt), auch nicht darum, wie man resp. frau denn seine Notdurft im Liegen verrichten soll, tage-, wochenlang, wenn man nicht aufstehen kann. Wie man sich versorgen soll oder versorgen lassen soll vom Pizzaboten, wenn man nicht zur Tür kommt.

Fragt diese gedachte Frau die Nachbarn aus dem Erdgeschoß, ob sie sie bitte mal waschen könnten?

Sicher, auch die hiermit ausgedachte Frau bemerkt wohl, dass noch etwas anderes nicht stimmt als ihr Eigengeruch nach ein paar Tagen, aber bemerkt sie dieses andere rechtzeitig? Dass ihr frisch zusammengenähtes Herz schlappmacht wegen des als Magnesiumgegenpart fehlenden Kaliums? Oder bemerkt sie, dass nicht nur ihr Puls rast, sondern auch die Diastole längst durch die Decke gegangen ist, sie mithin dem Exitus verdammt nah ist? Ruft sie dann rechtzeitig einen Krankenwagen? Und kommt sie noch rechtzeitig in der Notaufnahme an?

Falls ja – ist sie ein neuer Fall. Mit Herzrythmusstörungen oder Schlimmerem. Auch dafür gibt es Pauschalen. Und so sie stirbt, stirbt sie eben an Herzversagen. Mit dem abgeschlossenen ersten Fall hat das nichts zu tun, die OP war ja ein voller Erfolg gewesen.

Natürlich ist das nicht das Ende der Geschichte, der Rest im Schweinsgalopp: Kein niedergelassener Kardiologe hat Termine frei vor Dezember für die Patientin – außer … die Frage fällt, natürlich, „sind Sie privatversichert?“. Nein? Bedaure. Der ursprünglich den Herzfehler vermutet habende Internist hat ebenfalls keine Termine frei, nicht mal zum Verbandwechseln. Man quetscht die Kranke dazwischen. Eine Stunde Fahrzeit hin, 3 Stunden draußen warten, im Auto bei 34 Grad im Schatten, dann ein 6-Minuten-Termin. Keine Desinfektion der Hände oder der Wunde. Können Sie auch selber machen. Wiedersehen. Die Krankschreibung füllt der Internist bei der Gelegenheit falsch aus, er vertut sich um einen Tag. Die zuständige Kasse bemerkt das, die Kündigung des Vertrages und der Wegfall aller Ansprüche drohen, da die Krankschreibung nicht lückenlos ist. Ein Verweis auf die Auskunft des zuständigen Mitarbeiters, bereits die Klinik habe die Patientin bis weit über den nun neu geforderten Termin hinaus krankgeschrieben, geht ins Leere. Der Mann war nur ein Urlaubsvertreter, seinen Namen hat man noch nie gehört.

Ich weiß. Was ich beschreibe, ist nicht originell. Abertausende erleben diesen Alptraum oder vergleichbare täglich in unseren Krankenhäusern und Arztpraxen und zwischen den diversen Verwaltungsmühlsteinen, die zwischen Patient und Gesundheit platziert worden sind zum Wohle der Beschäftigung und eines stetig wachsenden Bruttoinlandsproduktes. Für Arbeit ist reichlich gesorgt im Krankensystem, und solange man nicht als Arzt oder Pfleger arbeitet, hat man sicher viel Freude beim Erdenken ständig neuer Kennziffern, Abrechnungsanforderungen oder Kontrollmechanismen. Gewisse Opfer müssen da natürlich gebracht werden. In der großen Klinik, die Frau K. aufnahm, sind nicht nur fast alle Rollstühle defekt und ist nicht nur das Essen, selbstredend, gesundheitsgefährend, es kümmert überdies auch nur ein einzelner Mann um den Transport der Kranken von ihren Zimmern zu den Untersuchungen. Ein tapferer, fleißiger Mann, der allerdings auch nicht zaubern kann. So liegt man dann nach dem Röntgen schon mal im offenen OP-Kittelchen 3 Stunden am Rand des 15 Grad kalten Korridors, denn in diesem Stockwerk ist die Klimananlage noch in Betrieb. (Die Kardiologie hat ihre abgeschaltet, nachdem im Vorjahr ein paar Dutzend Patienten an mittels dieser Anlage herumventilierten Krankenhauskeimen verstorben waren).

Am Ende – oder eben zwischendurch – bleibt in diesem Einzelfall stehen: Die Patientin lebt. Eine Versorgung oder Betreuung erfolgt nicht, weder durch Krankenhäuser noch durch niedergelassene Ärzte. Der Sozialdienst kann keine Hilfen schicken, da es keine Hilfen gibt – die Wartelisten sind lang. Die Patientin ist nicht „reha-fähig“, sie muss zuhause betreut werden. Auf die Frage, wer helfen könne, lautet die Gegenfrage der zuständigen Beamtin: „Die noch im Haus lebende Tochter ist 17?“ – „Ja.“ – „Dann kann die ja wohl kochen und putzen.“

Das ist natürlich richtig. Und natürlich kann der ebenfalls im Haus lebende Gatte auch mal ein paar Wochen 24/7 als Pfleger tätig sein, ganz unentgeltlich, wer braucht schon Arbeit, als Künstler, und der Mann ist ja sogar schon älter als 17, der kann das (Zusatzbemerkungen zum Gesundheitszustand dieses Pflegers entfallen aus Platzmangel, der Typ ist eh relativ hart im Nehmen, der wird ja wohl auch so was überstehen).

Dennoch: Ich wiederhole im Rahmen dieser persönlichen Anekdote meine Einschätzung, dass unser Krankensystem vollkommen falsch aufgestellt ist und allem möglichen dient, nur nicht der Gesundheit jener, die versehentlich oder gezwungenermaßen in es hineingeraten. Es gibt keinen vernünftigen Grund, sich mit einem so kranken System abzufinden, und es ist (oder wäre) sehr leicht, das System vom Kopf auf die Füße zu stellen. Allerdings ist dies nur möglich, sofern wir begreifen, dass das Krankensystem der gleichen Logik folgt wie alle BIP-Wachstumssysteme, in denen wir so gründlich gefangen sind – eine Reform des Krankensystem ohne eine Reform des Gesamtsystems ist daher undenkbar. Und zu einer großen Reform fehlt uns in der beginnenden „neuen Normalität“ mehr denn je der Wille, politisch, sowie das Wissen, ganz allgemein und ganz überwältigend. (Was darauf hinweist, dass auch unser Staatsschulsystem bedauerlicherweise seit Jahrzehnten kaputt ist, denn es ist ja jüngst offenkundig geworden, dass 85% unserer Schulabsolventen nicht lesen, rechnen, schreiben und nicht eigenständig denken können.)

Womit sich der Kreis vom Persönlichen ins Allgemeine schließt. Die neuen von unserer auf einer breiten Zustimmungswelle surfenden Regierung wegen der „Pandemie“ beschlossenen Milliardeninvestitionen ins Krankensystem werden abermals weder Patienten noch Pflegern noch Ärzten zugute kommen, sondern vollständig Big Pharma, Big Device, Big Data sowie in beträchtlicher Höhe den unvermeidlichen Verwaltern, die sich nach Gabe jeder Finanzspritze unweigerlich vermehren wie Kaninchenviren. 5.000 neue Stellen entstehen allein in den Gesundheitsämtern, von 5.000 neuen Pflegestellen habe ich nichts gelesen. Aber für unsere Krankenschwestern haben wir ja auch etwas viel Schöneres als Geld, nämlich Applaus.

Der kommt von Herzen.

(Und ich trage trotzig weiter Pralinen und Bargeld auf die Stationen, weil ich aus Erfahrung weiß, dass man sich von Applaus nichts kaufen kann. Ich hab das probiert, im Rewe, und ich hab wirklich schön geklatscht für das Sechserpack Faßbrause, das ich haben wollte, genützt hat es mir nichts.)

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Überwältigende 95% (grob geschätzt)

Ich gehöre offenbar zu einer winzigen, total verschrobenen Minderheit. Meine Verschrobenheit geht tatsächlich so weit, dass ich schon beim Einstieg in alle Covid-Debatten aussteige, weil ich von mir auf andere schließe. ICH würde nie von einem anderen Menschen erwarten oder gar verlangen, dass er sich ruiniert oder seine Gesundheit riskiert, um meine Gesundheit zu schützen. Ich finde es luxuriös prima, wenn von mir bezahlte Beamte mich darauf hinweisen, dass z. B. eine gefährliche Grippe oder Ebola kursiert, ich finde es sogar prima, wenn Beamte mich darauf hinweisen, wie ich mich selbst schützen kann (z. B. drinbleiben, Abstand wahren, Maske tragen, impfen lassen), aber ich käme im Leben nicht auf die Idee, von anderen zu verlangen, dass sie meinetwegen ihren Job aufgeben oder sich impfen lassen sollen, um mich zu schützen. Das mache ich selbst.

So bin ich also schon zu Beginn aller Debatten getrennt von circa 95% meiner Mitmenschen. Wenn ich denen mit Selbstbestimmung komme oder Freiheitsideen, fange ich mir ja sofort eine Watschn aus der Kategorie „Freiheit? Dann geh doch nach Texas und lass dich erschießen.“ Rege ich beispielsweise öffentlich an, wie geschehen hier und im Rubikon, die Staatsschulgebäudeanwesenheitspflicht von 1938 zu ersetzen durch eine Bildungspflicht (der Eltern gegenüber ihren Kindern), gehen rechts und links zusammen auf die Barrikaden und outen sich als vereint im kategorischen Wunsch, mich zu zwingen.

Die 95% und ich haben also nicht einmal eine Diskussionsgrundlage. Meine Prämisse ist derart abenteuerlich, derart unheimlich, dass man am besten direkt auf Distanz geht. Was ist denn das für eine Idee, dieses „Selbstbestimmte“, dieses „Eigenverantwortliche“, das geht doch gar nicht – wenn wir solches zulassen, wohin soll das führen außer mitten hinein in Anarchie und Chaos? Schon unser Grundgesetz schützt doch den Einzelnen vor sich selbst, präziser vor der Selbstbeschädigung, indem es den Staat über das Leben stellt, obwohl fraglos das Leben vor dem Staat in Erscheinung trat. Die allergrundsätzlichste Entscheidung, ob der Einzelne sein Leben noch will, fällt hierzulande der Staat. Folgerichtig entscheidet der Staat auch darüber, ob und wie ich mich selbst schädigen darf, ob nun durch gewisse Substanzen oder gewisses Verhalten.

Die 95% stellen das nicht einmal mehr in Frage. Dieses „Wissen“ ist fest verdrahtet – dass wir eben nicht selbst wissen, was wir tun müssen. Das müssen andere entscheiden. Experten, Fachleute, Beamte. Mich irritiert nur, dass die 95% zwar meinen, diese Vorgehensweise sei richtig, weil ja all die „anderen“ sonst unvernünftig handeln würden, die 95% sich aber im Grunde so nur selbst (sic) das Zeugnis ausstellen, dass sie ohne Anweisung von oben außerstande sind, vernünftig zu handeln.

Und, nein, ich idealisiere unsere schwedischen Freunde nicht, aber ich finde die Prämisse doch zumindest interessant. Ein schwedischer Politiker unterstellt seinem Wähler, dieser sei intelligent, weil er ja ihn, den Politiker, gewählt hat. Folglich kann der Politiker darauf bauen, dass sein Wähler sich intelligent verhält. Anders herum wird aber auch ein Schuh draus. Unterstelle ich (Politiker), mein Wähler sei dämlich, weil er mich Vollidioten gewählt hat, muss ich ihm dringend von morgens bis abends Vorschriften machen, weil er sich ja sonst idiotisch verhält. Wir lassen an dieser Stelle unter den Tisch fallen, dass ich (dämlicher Politiker) ja gar nicht weiß, wie man sich vernünftig verhält, meine Vorschriften also jederzeit dämlich sein werden. So jedenfalls fügt es sich, man ist sich einig, der Zusammenhalt ist groß.

Ich empfinde mich selbst bei all dem bestenfalls als störend. Und komme mir bei fast allen derzeitigen Debatten vor wie ein Fremder. Ich verstehe jedes Wort, dass gesprochen wird, aber ich selbst scheine einen völlig unverständlichen Dialekt entwickelt zu haben.

Um so dankbarer bin ich für die 5%, mit denen ich – wenigstens privat – noch kommunizieren kann. Am Rest arbeite ich mit fähigen Logopäden, vielleicht bin ich ja langfristig doch noch zu retten.

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Operation Überlichtgeschwindigkeit

Mindestens 2 Milliarden Menschen, allen voran Pfleger, Senioren und Risikopatienten, sollen mit einem bereits in Produktion befindlichen genetischen Impfstoff gegen Covid-19 geimpft werden. -> Rubikon (10. Juli 2020)

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Die Zukunft (2018 -> 2021)

Als ich im Juni 2018 das Skript „Rette sich, wer kann!“ (Westend 2019) beendete, hatte ich den Eintrittszeitpunkt des Horrorszenarios auf 2020 bis maximal 2023 datiert. Ich empfinde die Prognose weiterhin als nicht allzu sehr daneben, deshalb gestatte ich mir das copy/paste unten. (Die Compliance des Patienten lässt sich zwar mit Ausweis und App übergangsweise prima überwachen, aber am Ende helfen gegen den Restwiderstand doch nur Sensoren, also Abilify MyCite und seine Geschwister). Quote:

„Das längst sattsam bekannte Krankheitshökern der Industrie zielt also bevorzugt darauf, den Erkrankten und seinen Körper zu trennen – und die neu erfundenen »autoimmunen« Krankheiten möglichst so zu gestalten, dass sie nicht nur viel Diagnose und viel Medikation erfordern, sondern gleich das Komplettprogramm: von Ultraschall bis MRT/CT, OP bis von Klink- oder Reha-Aufenthalt, von Dauermedikationsabo 1 (gegen Problem A) zu Dauermedikationsabo 2 bis 16 (gegen die Nebenwirkungen von Präparat 1 bis 15), und das bis ans Lebensende, Runde um Runde, Stufe um Stufe, immer ein bisschen weiter hinaus in ewige Abhängigkeit. Dies ist und war immer das Ziel, das dringendste Bedürfnis des Krankheitssystems: die Gesellschaft, zunehmend bestehend aus Menschen, die es gewohnt sind, Dinge serviert zu bekommen, statt sie zu selbst tun, und zunehmend geführt und behandelt werden will, endlich so zu gestalten, dass es nicht mehr nur schwierig ist, für die eigene Gesundheit zu sorgen, sondern am Ende unmöglich wird.[i]

Dieses Ziel hat das System, nicht intrinsisch bösartig, sondern nur inhuman logisch, fest im Blick und arbeitet effektiv und konsequent. Erreicht ist das Systemziel, wenn 50 Prozent von uns in Behandlung sind und die anderen 50 Prozent davon leben. Jörg Blech konstatierte bereits vor 15 Jahren: »Schreitet der Umbau ungestört voran, dann arbeitet jeder Deutsche künftig im Gesundheitssystem […] oder er ist krank – oder beides zusammen.«[ii] Wie die Entwicklung seit 1950 zeigt, sind wir auf dem besten Weg, dieses Ziel zeitnah zu erreichen, dank exponentiellen Wachstums sogar fast ohne bremsenden »abnehmenden Grenznutzen«.

Den größten Teil des Wegs haben wir bereits zurückgelegt, es ist nicht mehr weit. Der ungeduldige Patient geht längst dauernd zum Arzt, obwohl ihm nichts fehlt, und findet das ganz normal. Parallel ist sicherheitshalber auch die Selbstbestimmung gesetzlich untersagt, ganz konkret das gesunde Leben auf eigenes Risiko. Seit 2009 verbietet Paragraf 193, Absatz 3, des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) den »versicherungsfreien Selbstzahler«.

Was fehlt noch? Die Offenlegung aller Patientendaten? Das wäre doch was, nämlich überaus hilfreich, daher fordert der wichtigste BIP-Treiber, der Bund der Deutschen Industrie (BDI), diese Transparenz neuerdings mit Nachdruck – sogar öffentlich,[iii] nicht nur im vertraulichen Gedankenaustausch mit Politikern. So viel Offenheit ist regelrecht anständig, verrät aber auch, dass der BDI das Mindset des Durchschnittskunden wohl noch immer nicht richtig verstanden hat. Denn der muss gar nicht mehr vom Gesetzgeber gezwungen werden, alles von sich preiszugeben, sondern macht es freiwillig. Nicht nur bei Facebook, indem er rund um die Uhr seine Fotos und Stimmungen postet, nein, als Kranker begibt er sich schnurstracks zu PatientsLikeMe[iv] und macht sich auch dort nackig, minutiös: vom Aufstehen bis »heute nach Einnahme von Präparat XY etwas traurig (Stimmungspunkte 4 von 10)«. Bereits mehr als 600.000 Gesundheitskunden mit mehr als 2.800 Erkrankungen spenden dank des Claims »give data, share data« persönlichste Daten ohne Ende, obwohl die Firma PLM kein Hehl aus ihrem kommerziellen Ziel macht: »Wir teilen die Patientenerfahrungen mit der Industrie, damit diese bessere Medikamente, bessere Dienstleistungen und bessere Pflegeangebote entwickeln kann.«[v] Amazon ergänzt das Angebot (»Gesundheitskunden wie Sie kauften …«) mit einer 2017 ins Leben gerufenen eigenen Krankenversicherung. (Behalten Sie das im Auge, als Prime-Kunde, zunächst gilt das Angebot nur für Mitarbeiter, aber es wird sicherlich zeitnah erweitert).[vi]

Nun fehlt also nur noch eines zum Endsieg, zum Systemnirwana – neue, wieder nicht evidenzbasierte Leitlinien sowie der nun endlich zum Gesetz verabschiedete, vernünftige Zusatz: Wer an der mysteriösen (möglichst autoimmunen) Erkrankung N. N. leidet und sich den studien- und leitliniengestützten Empfehlungen des Experten, also Facharztes entzieht, mithin »nicht selbst aktiv seine Genesungschancen verbessert, verliert, da er die Solidargemeinschaft zu schädigen sucht«[vii], seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, Krankengeld und/oder wenig später Hartz IV. Dieser Schritt ist überfällig und nur vernünftig, denn was bleibt dem dringend krankheitsbedürftigen System am Ende übrig, um auch die Renitenten, die Nichterfassten, die Verweigerer gefügig zu machen? Man wird sie zu ihrem Glück zwingen müssen. Und, ja, natürlich werden fürsorgliche Ärzte, Kassen und Behörden die Folgsamkeit, die Compliance aller »Kranken« rund um die Uhr überwachen, ganz ohne Hausbesuche. Das ist die Zukunft.

Wie, ich leide an Paranoia? Zu viel Science-Fiction geschrieben, der Mann? Na, garantiert! Aber von dieser atemberaubenden Zukunft sind wir dennoch nur mehr einen halben Schritt entfernt. Wer das ohnehin schon weiß, kann den folgenden Absatz getrost überspringen, wer mir hingegen galoppierende Verschwörungstheoritis attestieren möchte, gönne sich exemplarisch den kurzen Blick auf das schöne Präparat Abilify, dessen Hersteller ich schon 2014 wegen seiner mörderisch gelungenen Lobbyarbeit öffentlich über den grünen Klee lobte.[viii] Denn damals war Abilify an die Spitze der weltweiten Blockbuster-Charts gestürmt und hatte mit 7 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz sogar Viagra verdrängt – bemerkenswert, weil Abilify, grob gesagt, ein radikaler Hirnabschalter ist, mit dem man allenfalls Anstaltsinsassen behandeln sollte. Und vielleicht nicht mal die, denn Abilify, ein Thorazin-Klon, hat haufenweise gefährliche Nebenwirkungen und allerhöchstes Suchtpotenzial. Seit 2014 ist das Zeug aber freigelassen und wird in den USA nicht mehr nur Schwerstbipolaren und Schizophrenen verabreicht, sondern auch ganz normal Bekümmerten, vulgo »Depressiven«, sprich nach Lage der Verschreibungspraxis in Sachen Psychopharmaka (»Finden Sie den November nicht dieses Jahr auch besonders grau? Ich hab da was für Sie«)[ix], jedem, der’s möchte oder der nicht schnell genug Nein ruft. Fragen Sie einfach Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie die Gegenwart nicht mehr ertragen, mit Abilify ist Totenstille im Hirn, das Pflegepersonal kann shoppen gehen – und Sie können nicht mal mehr die Packungsbeilage lesen.

2017 haben die Abilify-Genies allerdings noch mal einen draufgesetzt und endlich dafür gesorgt, dass die massive Verschwendung durch »Non-Compliance« endet (Medikamente im Wert von etwa 100 Milliarden Dollar landen alljährlich im Müll), denn nicht jeder, der Abilify verschrieben bekommt, nimmt das Zeug tatsächlich ein. Deshalb enthält das neue Produkt »Abilify MyCite«: einen Sensor beziehungsweise einen Sender. Wie die US-Nahrungs- und Arzneimittelbehörde FDA erläutert, sendet dieser Sensor »ein Signal aus, wenn die Tablette mit der Magenflüssigkeit in Kontakt gelangt. Aufgefangen wird das Signal von einem Empfänger, der mit einem Pflaster auf dem Brustkorb des Patienten angebracht ist. Der Empfänger sendet wiederum eine Botschaft an eine App. Diese ermöglicht es dem Arzt, Pflegern, Angehörigen oder Freunden, auf ihren Mobilgeräten zu kontrollieren, ob der Patient das Medikament den Anweisungen entsprechend einnimmt.«[x]

Wie schön, wie bequem! Da kann der Patient also auf seinem Smartphone nachschauen, ob er seine Pille heute schon genommen hat. Und seine Frau kann auch nachschauen. Oder ihr Mann kann auf seinem Smartphone nachschauen, ob sie ihre Pille schon genommen hat, auch und gerade, wenn es die Pille ist und er keinen Kinderwunsch hat, im Gegensatz zu ihr. Es kann aber auch sein oder ihr Arzt nachschauen. Oder seine beziehungsweise ihre Kasse. Und natürlich wird es zeitnah eben jene Leitlinie geben, die gerade bei temporär arbeitsunfähigen »Depressiven« zwingend vorschreibt, dass die Arbeitsunfähigen sich an die ärztlichen Verordnungen halten, andernfalls entfällt deren Leistungsanspruch gegen Arbeitgeber und Krankenkasse – und das wollen Sie doch nicht, oder? Unter welche Brücke, sagten Sie, wohnen Sie danach? Und funktioniert da überhaupt der Nachsendeauftrag?

Denken Sie’s gern in Ruhe zu Ende, bei einem (noch) sensorlosen Kaffee oder Rotwein oder im Bad, auf ihrer (noch nicht) smarten Toilette, mit ihrem (noch nicht) ihre täglich absolvierten Schritte und anderen Bewegungen an die Behörden meldenden Fitnessarmband. Mit abschließendem Blick auf Ihr Smartphone, das (bereits heute), selbst wenn sie die Karte herausnehmen und auf »Flugmodus« schalten, jede Ihrer Bewegungen an Dr. Google übermittelt.[xi] Der Pillensensor, finales Überwachungstool, ist jedenfalls nicht schwer einzubauen, ganz gleich, in welches Präparat – solange es nur im Magen landet. Hersteller Otsuka Pharmaceutical hält den entsprechenden Anteil der Pille für problemlos verdaulich, garantiert auch mental. Alle weiteren Details, auch zu den denkbaren naheliegenden Szenarien, finden Sie weiterhin in der kritischen Verschwörungstheoretiker-Fachpresse,[xii] aber inzwischen auch im Mainstream.[xiii]

Aber wir wollen nicht pessimistisch sein. Wir wollten uns an dieser Stelle nur froh und dankbar klar machen, dass die Zukunft erst vor der Tür steht, aber noch nicht mitten in unserem Medikamentenschrank. Denn auch wenn bei den uns verschriebenen Medikamenten die Evidenzbasis in der Regel fehlt und Leitlinienautoren in der Regel zu 90 Prozent mit der Pharmaindustrie verbandelt sind: Noch kann uns keiner zwingen, uns gesundheitlich zu schaden oder uns selbst umzubringen.

Treten wir einen Schritt zurück und betrachten das Wirken der Maschine, müssen wir indes anerkennen, dass sie auf faszinierende Weise effektiv arbeitet. Künstliche Intelligenz kann seit Jüngstem sogar unseren Todeszeitpunkt verblüffend korrekt vorhersagen,[xiv] während die KI-Programmierer selbst gar nicht mehr nachzuvollziehen in der Lage sind, wieso die Prognosen ihrer Schöpfung so überaus zutreffend sind. Die gern bemühte Matrix-Horrorvision der Geschwister Wachowski ist im Krankensystem längst Realität, ganz ohne plakative Menschenkörpertanks – die Maschine ernährt sich von uns. Wir sind Objekt, nicht Subjekt, Nahrung, nicht Kunde, Benzin, nicht Passagiere, denn nicht unsere Gesundheit ist essenziell, sondern unsere Krankheit.

Diese faszinierende Maschine ist ehrfurchtgebietend groß, mächtig und unzerstörbar – weil zu viele von ihr profitieren, manche als CEO-Vorarbeiter, die meisten als Schaffner, Mechaniker und Kellner, billig eingekauft. Und steckten wir selbst nicht als Brennstoff mittendrin in diesem Wunderwerk, wäre es wohl schlicht spannend, weiter zu beobachten, wohin das alles führen wird – ob die Maschine am Ende alles selbst konsumiert oder uns qua autoaggressiver Explosion anderweitig mitreißt oder eben vorher Wege findet, nur 70 Prozent[xv] von uns loszuwerden und den Rest unter sich und ihresgleichen auszumachen. Sicher zur Freude unseres Planeten, aber ebenso sicher nicht zu unserer.

Wer kann es uns verdenken, dass wir, statt den Kopf zu wenden und diese Wirklichkeit anzuerkennen, doch den Blick lieber weiterhin fest die Höhlenwand gerichtet halten beziehungsweise, mit gesenktem Kopf, auf die Höhlenwand 2.0, unser Smartphone. Was dort geboten wird, ist, ohne Frage, amüsanter. Der kleinen Gruppe von Spaßbremsen aber, die weiterhin stur die Realität anerkennt, und umso sturer frei denken und leben will, verbleibt ein Hoffnungsschimmer, ein kleiner Rest Souveränität, ihr Leben selbst lebenswert zu gestalten. Denn noch sieht die Maschine nicht alles, noch werden wir nicht zur uns selbst schadenden Compliance gezwungen. Noch können wir gesund bleiben – oder es wieder werden. Noch.

Wie lange? Zwei Jahre? Fünf?

Beeilen wir uns, die letzten Prämissen zu korrigieren – intern – und so gesund zu sein und zu bleiben (oder wieder zu werden), dass uns das System nicht findet.“


[i] Ich glaube, das ist mehr oder weniger frei nach Illich, a. a. O., aber ich bin nicht sicher.

[ii] Blech, a. a. O., S. 221.

[iii] »Der BDI habe deshalb eine neue Initiative ›Gesundheit digital‹ gestartet. Es gehe darum, weniger Verteilungsdiskussionen – etwa um die Bürgerversicherung – zu führen, sondern mehr über Innovationen und Investitionen zu reden und sie umzusetzen. Der Schlüssel zum Erfolg sei die Fähigkeit, große Datenmengen zu erheben, zu übertragen und zu verarbeiten. ›Die künftige Bundesregierung muss rasch die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung von Gesundheitsdaten schaffen‹, forderte Kempf. (»BDI-Präsident Dieter Kempf: ›Wir brauchen rasch eine neue Regierung‹, Finanzen.net, 11. Januar 2018, https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/bdi-praesident-dieter-kempf-quot-wir-brauchen-rasch-eine-neue-regierung-quot-5907574.=

[iv] Vgl. https://www.patientslikeme.com/about.

[v] PLM macht indes kein Geheimnis aus dem Grund für die Datensammelei, das erklärte Ziel der Company lautet: »Then, we share the patient experience with the industry so they can develop better products, services, and care.«

[vi] Siehe zum Besipiel Thomas Straubhaar, »So gefährlich ist Amazons Krankenversicherung für uns«, Welt, 6. Februar 2018, https://www.welt.de/wirtschaft/article173229888/Amazons-Krankenversicherung-fuehrt-in-den-Ueberwachungsstaat.html.

[vii] Polit-Mietmaul N. N., herbeizitiert aus der nahen Talkshow-Zukunft (2020 ff.).

[viii] Böttcher, »Top of The Pops«, 17. November 2014; http://www.erzähler.net/?p=1432.

[ix] Keine Comedy-Erfindung, sondern O-Ton meines Neurologen, als der mir – gratis – ein paar Probepackungen Antidepressiva andrehen wollte. Ich fand den November aber nur ganz normal grau. Dafür aber den Arztkittel trotz des strahlenden weiß unsauber.

[x] »›Ability MyCite‹: Die sprechende Tablette«, Die Presse, 15. November 2017, https://diepresse.com/home/leben/gesundheit/5320744/Ability-MyCite_Die-sprechende-Tablette.

[xi] Zum Google-Smartphone im Flugmodus siehe beispielsweise https://m.youtube.com/watch?feature=youtu.be&v=g4MK76dDCDk. Informationen zur umfassenden Abhörfunktion der Facebook-App bei eingeschaltetem Smartphone findet der geneigte Interessent im Browser seines Vertrauens, zusätzliche Informationen bietet die analoge Lektüre von Scotts Galloways The Four.

[xii] Andreas Peglau; »Hurra, die Überwachungspille ist da!«, Rubikon, 25. November 2017, https://www.rubikon.news/artikel/hurra-die-uberwachungspille-ist-da.

[xiii] Siehe exemplarisch Pam Belluck: »First Digital Pill Approved to Worries About Biomedical ›Big Brother‹, New York Times, 13. November 2017, https://www.nytimes.com/2017/11/13/health/digital-pill-fda.html. Oder Franziska Knupper: »Digitale Medizin: Absolute Überwachung oder hilfreiches Werkzeug?«, BZ, 5. April 2018, https://www.berliner-zeitung.de/wissen/digitale-medizin-absolute-ueberwachung-oder-hilfreiches-werkzeug–29967794.

[xiv] Die Todeszeitpunktvorhersage ist in Arbeit, die Stanford University ist schon verblüffend nah dran (vgl. »Stanford’s AI Predicts Death for Better End-of-Life Care«, IEEE Spectrum, 16. Januar 2018, https://spectrum.ieee.org/the-human-os/biomedical/diagnostics/stanfords-ai-predicts-death-for-better-end-of-life-care). Das behauptete Ziel der KI-Offensive ist natürlich: »Wir wollen die Patienten doch lieber zum Sterben nach Hause schicken.« Wer’s glaubt, wird garantiert selig. Denn es lässt sich ja nicht von der Hand weisen, dass die Maschine sich bei vorhandener prima Prognose rechtzeitiger vorbereiten könnte – und so unsereins schon sechs Wochen vor unseren Tod teuer umsorgen kann, damit wir nicht auf den letzten Metern noch den Konsum verweigern. Wer dem Link folgt, wundere sich nicht über die Nonchalance, mit der inzwischen in der Tech-Szene darüber berichtet wird, dass die (korrekten!) Prognosen der KI für uns Menschen gar nicht mehr nachvollziehbar sind.

[xv] 30 Prozent Entwarnung: Die Menschheit stirbt beileibe nicht aus! Zu den in naher Zukunft entbehrlichen 70 Prozent zählen weder jene, die fast allen Besitz der Welt auf sich vereinen (10 Prozent) und auch nicht jene, diesich als Handwerker und Sklaven nützlich machen können (20 Prozent). Noch werden wir (70 Prozent) indes gebraucht, als Mittel zum BIP-Zweck »Wachstum«. Es ist zwar unklar, wie lange noch, aber bis zum Release-Date des neuen iPhone wird’s garantiert noch reichen. Also nur die Ruhe, für alles Wichtige ist gesorgt: Don’t panic!


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