Artisten auf morschen Seilen (Künstlerdämmerung #11)

… oder dünnem Eis. Oder verlorenem Posten. Oder … (Platz für eigene Metaphern).

Natürlich erinnern wir uns vor allem Jammern gegenseitig und ständig daran, dass a) die 1,7% selbständig denkenden und arbeitenden Menschen hierzulande eh keine Lobby haben, und b) in den Augen der artigen 98,3% die Künstler (Teilmenge der 1,7%), da sie sowieso nicht arbeiten müssen, sondern einfach den ganzen Tag machen können, was sie wollen, ohnehin keinen Anspruch auf Bezahlung haben. Das wär ja wohl noch schöner!

Dennoch: Die Idee von Uschi vdL, allen Selbstständigen einen einkommensunabhängigen monatlichen Beitrag von 400 Euro abzunehmen, um so die vielen 75%-vom-letzten-Einkommen-Renten aller Beamten bis zum jüngsten Tag abzusichern, bereitet den meisten freischaffenden und –denkenden Künstlern doch gehöriges Kopfzerbrechen, denn auch den letzten gebrauchten Strick, den man sich nimmt, müsst´ man ja bezahlen können. Und das wird nach Lage der Dinge schwierig, denn das durchschnittliche Künstlerjahreseinkommen betrug im letzten erfassten Jahr 2011 satte 14.142 Euro, also 1.178,50 im Monat. Abzüglich 400 … wären 778,50 … und, nicht vergessen, Selbstständige zahlen auch ihre Krankenversicherung komplett selbst (und falls sie auch noch Kinder haben, hey, die sind natürlich nicht mitversichert). Das könnte doch langsam eng werden mit dem täglichen Laugenbrötchen zum Leitungswasser.

Trost? Schwacher? Dieser: Vermutlich zahlt, wer´s in die KSK schafft, nur den Arbeitnehmeranteil der gewünschten Zusatzsteuer, also bloß 2.400 p. a., aber wer noch nicht drin ist im Künstlerangestelltenverein, zum Beispiel wegen „ich fang doch gerade erst an und mach keinen Scheiß-Mainstream“, dürfte sich an den 4.800 € komplett verschlucken.

Picassos, Newtons, Bölls in spe: Da hilft nur – ewig pro forma VWL studieren, bei Mama wohnen bleiben oder verbeamten lassen und heimlich unterm Schreibtisch malen. (Wie das in Öl gehen soll? Himmel, lasst euch was einfallen, Kunst braucht Widerstände.)

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Künstlerdämmerung, Politik abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Artisten auf morschen Seilen (Künstlerdämmerung #11)

  1. Schreyvögelchen sagt:

    Die Künstler Sozial Kasse, hat mein Freund Paul nicht unzutreffend gesagt, wurde doch extra für solche Chaoten geschaffen wie Dich, oder van Gogh, oder wie se alle heißen. Sonst hieße sie sie ja Normalosozialkasse. Ich finde, da hat er recht. Die KSK, wie sie sich, dem Trend zu Rationalisierung und Verständnislosigkeit folgend selbst nennt, ist da ganz anderer Meinung. Nachdem ich Ihnen meinen Lebenslauf, meine Ausstellungen, meine Veröffentlichungen, meine Homepage mit Bergen von Bildern sowie alle Urin-, Speichel- und sonstigen Proben termingerecht eingereicht hatte, ja, jetzt fällts mir wieder ein, sogar fünf oder sechs Rechnungen und Quittungen, darunter eine vom Regierungspräsidenten der Region – nach alledem sind die, K und S und K, zu dem weisen Schluss gekommen, dass ich sie zwar überzeugt hätte, Künstler zu sein, aber nicht, dass ich davon auch gelebt hätte.
    Mir ist da echt nichts mehr zu eingefallen. Außer den Sprüchen von Arno Gruen über Bürokraten und dem von Paul. Inzwischen habe ich begriffen, dass ich zwar künstlerisch sehr lebendig sein kann, ordnungsgemäß aber einfach nicht existent, weniger als tot. Naja, immer noch besser als einfach doof.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert