Energiegeladene Gutbürger (nach Diktat verreist)

Rund. Während weiter alle Machbarkeitsstudien in Sachen Energiewende fehlen, fühlen wir uns blendend mit unserer weltweit vorbildlichen „Atomkraft, nein Danke!“-Übereinkunft, ignorieren dabei höchstens, dass unsere neuen Siemens-Werke bloß fünf Meter hinter den Grenzen in Tschechien und Frankreich gebaut werden (wohl im Glauben, dass Strahlung ohne gültigen Ausweis nicht einreisen darf) und lassen einstweilen vollständig unter den Tisch fallen, dass wir doch eigentlich Klimaweltmeister werden und auf keinen Fall weitere Kohlekraftwerke bauen wollten – was ja 2011 gebotener wäre denn je, nachdem wir im letzten Jahr die klimarelevanten Emissionen nicht direkt maßgeblich reduziert haben, sondern um 6 Prozent gesteigert.

Die ganze Debatte kreist, wenn denn überhaupt um irgendwas, so im medialen „off“, um den Ausbau von Leitungen, um die ganze schicke neue Energie aus Windparks in die Haushalte zu leiten, gleichzeitig wird der Ausbau dezentraler Photovoltaikversorgung aus dem Subventionsprogramm gestrichen, und niemand weist auf den kardinalen Denkfehler hin, der dieser ganzen Milchmädchenrechnung zugrunde liegt: Das überaus Charmante an den „neuen“ Energiequellen Wind und Sonne ist nämlich, dass beide dezentral genutzt werden wollen, sprich: die Versorgung von Einzelhaushalten und dörflichen Gemeinschaften vor Ort zu bewerkstelligen ist. So simpel diese Erkenntnis ist, so schlicht kollidiert sie aber auch mit dem Geschäftsmodell der etablierten Versorger, denn jenes basiert im Kern auf: Energiegewinnung in Zentren (Kraftwerken) sowie der Versorgung von dort aus. Deshalb: Windparks. Also: neue Kraftwerke, diesmal windige. Sowie neue Kabel. Statt Autarkie, sprich: Solarzellen, Windspargel etc. im eigenen Garten, unterstützt von dicken Batterien im eigenen Keller.

Wieso einem das keiner sagt? Und wo eigentlich die Grünen abgeblieben sind? Mei. Man legt sich auf dem Weg an die Macht halt besser nicht mit denen an, die die Wahlen entscheiden, also der Industrie und deren mächtigen medialen Lobbyrohren. Dumm nur, wenn man dazu seine gesamte Philosophie verraten muss.

Der bürgerliche Rest sonnt sich in allgemeinem Wohlfühlen und Ablehnen. Als ich vor kurzem einen befreundeten Biogas-Anlagenbetreiber fragte, ob er denn nicht einen zweiten Kessel neben seinen bereits erfolgreich laufenden platzieren wolle, winkte der bloß müde ab und berichtete vom Protest der bewegten Bürger in der nächstgelegenen, aber doch deutlich entfernten Kleinstadt. Die Gutbürger nämlich finden es ganz unerträglich, dass nun dreimal im Jahr diese „Panzer“ durch ihre Straßen rollen und die armen Kinder erschrecken, sprich: dass da diese großen Lastwagen durchrumpeln, mit denen man den Kompost nun mal transportieren muss, will man ihn in Kesseln blubbern lassen. Drum: Abgelehnt, das Ansinnen der Komposter. Genauso wie die Windspargel, denn die verschandeln die Landschaft. Und so fort. Kommt uns nicht in die Gegend, denn alles soll ja normal und natürlich bleiben. Der Strom kommt ja weiter aus der Steckdose, irgendwie.

Und das „Klima“, mei, das tut sich ja nun derzeit wirklich keinen Gefallen mit diesem durchwachsenen Mistwetter. Wie soll man all diese fernen Dürren und verdurstenden Afrikaner ernst nehmen, so mitten im dauernden Sommerregen, der einem den ganzen Jahresdritturlaub versaut. Da muss sich die Erderwärmung schon an die eigene Nase fassen, wenn sie es mit so ner lausigen Performance nicht mehr in die Schlagzeilen schafft.

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