Nivens frische Leberhaken

Wenn brillante Drehbuchautoren mit jungen weiblichen Hollywood-Diven sprechen, die wegen ihrer „Interpretation der Rolle“ ein paar gravierende Änderungen am Skript wünschen, klingt das natürlich gerechterweise so:

„Deine Interpretation? Hör zu, du blöde Nuss – während du noch im Valley gekellnert, die Schwänze von ausführenden Produzenten geluscht und auf einen Rückruf wegen einer Rolle in Analmonster 5 gehofft hast, habe ich mich eingehend mit Interpretationen beschäftigt. Und während du noch versucht hast, mit der Scheiße aus deiner Windel deinen bescheuerten Namen auf den Badezimmerboden zu schmieren, habe ich die Universität mit Bestnoten in Literatur und Anglistik abgeschlossen. Ich habe fünfundzwanzig Jahre meines Lebens auf diese eine Seite des Drehbuchs verwendet. Das ist ungefähr die Zeit, die du auf der Welt bist. Ich besitze beschissene Krawatten, die älter sind als du. Warum hältst du also nicht einfach deine dämliche Klappe und spielst die Rolle so, wie ich sie geschrieben habe?“

Kennedy Marr heißt dieser frische neue Bruder von John Self und Hank Moody, zur Welt gebracht diesmal nicht von Martin Amis (Money) oder Tom Kapinos (Californication), sondern von John Niven – der sich mit seinem wüst austeilenden Sex-and-Drugs-and-Booze-Bestsellerschreiber, dem „Straight White Male“ Kennedy, hinter seinen Vorreitern nicht verstecken muss – sondern ihnen IMHO sogar noch was voraus hat, nämlich ein großes Herz hinter der großen Schnauze. Was man natürlich mögen muss, also: das Herz als Zugabe. Betonzyniker finden das vermutlich im dritten Akt enttäuschend hollywoodesk und ärgern sich über die finale Verunreinigung des tiefen Schwarz mit Farb- oder Silberstreifklecksen, aber yours truly reagiert halt nicht allergisch auf leises, intelligentes Hoffnungsschimmern. Sondern hocherfreut.

Inhaltsangaben? Aw, come on, wozu gibt´s denn amazon?

John Niven / Straight White Male (Dt. – ganz tadellos – von Stefan Glietsch, Heyne Hardcore, Januar 2014, 384 S., 16.99 €)
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