Geil gegeizt, Fernsehmichel!

Na, wenn das keine gute Agenda-2014-Nachricht für unsere 40 Millionen wahlberechtigten Sparfüchse samt Anhang ist: Ab demnächst gibt´s das ganze volle Programm für monatlich 70 Cent weniger! Geil! Und wurscht, ob man das jetzt wirklich im privaten Strumpf merkt, Hauptsache: Schnäppchen! Was gespart! Is immer gut!

Wir „Kreativen“ staunen privat. Denn seit der Gebührenerhöhung hören wir von den Fernsehapparatschiks, es sei immer weniger Geld da – und zu wenig sowieso, immer. Die seit 1992 eingefroreren Honorare können leider weiterhin nur nach unten angepasst werden, es werden weniger Filme und Serien gemacht, die Verträge werden permanent fieser, die Honorarbedinungen erst recht („Wiederholungshonorare? Für Neuverträge? Wu-harr-harr!“), alle Sender erwarten dabei gediegene Vorleistungen wie die vollständige Konzeption von Filmen und Serien, unentgeltlich zu erbringen. Im europäischen Honorarvergleich liegen wir Schreiber & „Creators“ dabei etwa 70% hinter den Kollegen aus allen Kulturnationen (die sich zu recht beschweren, die Honorare der Amerikaner seien dreimal so hoch wie ihre), kaum ein Fernsehautor kann mehr von seinen Honoraren leben, geschweige denn eine Familie ernähren. Und für all das gibt es eine schlichte Begründung: Den Sendern, insbesondere den öffentlich-rechtlichen, fehlt es an Geld.

Nach dem Geschenk in Höhe von 70 Cent pro Monat und wahlberechtigtem Geizkenner verfügt der Fernsehapparat zukünftig über bummelig eine halbe Milliarde Euro weniger. Man wird diese nicht in der Verwaltung oder bei den Pensionären einsparen können. Wohl aber bei den Freien. Das sind dann also wir.

Ernsthaft? Die halbe Milliarde wird nicht gebraucht? Das ist die Aussage? Man könnte 500 Millionen Euro also an Kreative verteilen und schmerzfrei die seit 20 Jahren stagnierenden Honorare anpassen? Oder einfach ordentlich intelligentes Fernseh produzieren, woraus sich dann en passant zum Fastnullpreis pro Kopp (70 Cent/Monat, wie bisher) fürs Gesamtpublikum ergäben, jedes Jahr:

Zirka 50 x 10-Millionen-Produktionen im international konkurrenzfähigen Stil von „Unsere Mütter, unsere Väter“ (98 davon ohne Nazis) oder

5 x 100-Millionen-Produktionen mit Avatar-CGI-Budget und Brad Pitt und George Clooney oder

427 Tatorte oder

856 Serienfolgen, horizontal erzählt. (Hey, ZDF, ich brauchte erstmal bloß 12 für meine jüngst von dir abgelehnte Familienserie („Ohne Morde? Tja, dann nich.“ – „Ihr mich auch.“)

Aber natürlich haben ZDF und ARD recht. Gutes Filme und Serien gibt´s ja schon. Das müssen wir ja nun wahrlich nicht selber machen.

P.S.: Man sollt´s aber doch fairerweise zuenderechnen, also die Gebühren einfach um weitere 1,50 pro Nase und Monat kürzen und danach ganz auf Neuproduktionen verzichten. Denn die verbleibenden 15 Euro pro Monat gehen ja auch heute schon für die Verwaltung drauf. (Allerdings fiele dann vermutlich doch auf, dass wir 8 Milliarden p. a. für quasi gar nichts Neues zahlen, also lassen wir doch lieber die Kirche im Dorf und die Feigenblätter in den Anstaltsprogrammen.)

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