Castle ums Eck

„Rick Castle muss seine Hausaufgaben gemacht haben, denn Nikki Heat klingt absolut authentisch. Dieses Buch ist Gold wert! Ich konnte es nicht aus der Hand legen. Da werd ich ganz neidisch“ – lässt Stephen J. Cannell, New-York-Times-Bestseller-Autor, über Rick Castles ersten Nicki-Heat-Roman Heat Wave ausrichten. Klingt gut, ist aber noch viel besser, denn Canell lobt das Buch einer Figur, die es doppelt nicht gibt. Und die zudem seine eigene ist.

Aber der Reihe nach: Der Autor, Castle, ist eine Erfindung und als solche Hauptfigur der gleichnamigen (wirklich guten) US-Krimiserie. Dieser erfundene Castle ist Krimiautor und hilft als solcher der New Yorker Polizei, insbesondere Detective Kate Beckett. Weshalb er – fiktiv – einen Roman über sie schreibt, in dem er aus der (fiktiven) Beckett eine (doppelt fiktive) Nicky Heat macht. Und diesen Roman gibt es jetzt nicht nur im Fernsehbild, als Blindband vom Serienausstatter, sondern in echt: zum Lesen. Geschrieben von Rick Castle. Dem Fernsehdetektiv.

Schräg? Mei. Ach, was. Der öffentlich neidische Castle-Mit-Erfinder und „Rockford“-Autor/Produzent Stephen J. Canell begeht im Making-of zur ersten Castle-Staffel ja auch mit Nathan Filion (in der Serie: Rick Castle) sein (echtes) Haus und bringt dem Castle-Darsteller bei, wie man einen Schriftsteller darstellt. Wieso soll dann nicht am Ende Autor Canell auf einen Autor neidisch sein, den es zwar nicht gibt, der aber trotzdem (fiktiv und real) Bestseller schreibt?

Herrlich. Die normative Kraft des gar nicht Faktischen. Demnächst müsste dann eigentlich nur noch Detective Beckett (aber nicht Darstellerin Stana Katic) in einer Literatursendung die Bücher von Castle als „weit hergeholt“ kritisieren.

Rick Castle – Heat Wave (Cross Cult, März 2012, 285 S., 11.99 € (Ü: Anika Klüver); weitere Bände folgen, und die ebenfalls nicht realen Derrick-Storm-Bestseller des nicht realen Castle sind inzwischen ebenfalls geschrieben (allerdings nur im Original erhältlich, bislang). Die (reale) Serie läuft auf Kabel 1, macht aber wie üblich mit der O-Ton-Spur mehr Spaß.
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„The Lord of the Drones: The President and the White House Fly“ …

… ist ein „epic poem“ von Heathcote Williams, in dem es tatsächlich auch, mit Gruß an Golding, um Fliegen geht. Beziehungsweise eine, nämlich die legendäre, die Ex-Heilandshoffnung Barack O. im weißen Haus zum Opfer fiel. Dafür brauchte er noch keine Drone, ist aber offensichtlich inzwischen sehr auf den Geschmack gekommen. Wovon wir natürlich nichts hören. Wen kümmern schon die massenhaft in paschtunische Hochzeitsfeiern und Kindergeburtstage abgefeuerten Dronen? Wir haben doch hier genügend echte Sorgen.

Auf das lange Gedicht wies mich ein Freund gestern hin. Weswegen ich doch kurz mal hineinlesen wollte, woraus aber nichts wurde, da ich umgehend in Gefangenschaft von Sprache wie Inhalt des erschütternden Vortrags geriet, erst nach mehrfacher Aufforderung meiner Tochter wenigstens einen fahrigen Gutenachtkuss vorbeibringen konnte, danach umgehend weiter lesen musste und anschließend auch noch die etwa 20 Minuten lange Youtube-Version des Stückes sehen wollte … Was ich wegen müder gestriger Augen vertagen musste. Auf jetzt. Wollte nur vorher noch rasch gesagt haben: Poetry moves. And rocks. Still. „King´s keys to the Promised Land are traded for the drones of Obamageddon.“

Hier steht´s, ganz.

(Der Link zu Youtube findet sich am Ende des Textes, gelistet ist das Ganze nicht; nur Nutzer, die über den Link verfügen, kriegen ein Bild zu sehen, beziehungsweise 3 x 8 Minuten Bilder. Wahlweise: hier, hier und hier.)

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Victoria Grant

… ist 12. Und versteht offensichtlich, was viele Erwachsene eben nicht verstehen, nämlich wie das Banksystem funktioniert. Beziehungsweise, warum es uns zerstört. Victorias kurzer Vortrag verbreitet sich gerade mit hübscher Geschwindigkeit durchs Netz und lohnt eine 6-Minuten-Unterbrechung jeder Tätigkeit: hier klicken.

Zyniker in Sicht? Na, kommt: „Das plappert die doch alles nur auswendig gelernt ihrem Papa nach!“ Ja. Und? Was nützt euch das, wenn Victoria und meine Töchter in spätestens 6 Jahren endgültig die Kontrolle übernehmen und energisch Bilanz ziehen?

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Grüne Milch

Hans-Christian Ströbele hat´s raus. Wie ich der Spiegel-Klatschseite entnehme, setzt der Mann sich jetzt für alle Verbraucher ein und erst recht für sich selbst, denn auf seiner persönlichen Milchtüte steht „Mark Brandenburg“, obwohl die Milch gar nicht aus Brandenburg kommt. Das muss aufhören! Der Milchverbraucher darf nicht derart irre hinters Licht geführt werden! Applaus vom Band!

Mir fällt dazu aber noch was ein, nämlich ein seit Jahren halb fertig herumliegender Eintrag, denn ich auf diese Weise als quasi brandaktuellen Kommentar zum grünen Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit, Humanismus und beifallheischende Inkonsequenz endlich mal kopieren kann. Und sei es nur als Stichwortsammlung.

Vorneweg ein Zitat von Martha Rosenberg aus ihrem schönen kleinen Artikel Got Propaganda? Why All of the Milk Industry’s Health Claims Have Been Proven Wrong: „And like the other campaigns, it has little chance of selling a product people don’t particular like which is not particularly good for them. We won’t even talk about the filth and cruelty of industrial dairy farms and what happens to veal calves (which are byproducts of the dairy industry’s need to keep cows lactating).“

Dazu meine Stichworte vom langen Post-It-Zettel, notiert auf dem Weg vom einstigen Krankenbett Richtung Gesundenbett, also die wie üblich garantiert verschwörungstheoretisch infizierten Kernvermutungen zum Thema Milchprodukte.

a) Nur Schwangere geben Milch.

b) Erwachsene Gorillas trinken keine Milch.

c) Erwachsene Gorillas gehen nicht wegen Osteoporeose zu Daktari.

d) Einer Schwangeren den Euter leerzusaufen ist Säuglingsmundraub.

e) um unseren Milchdurst zu stillen, muss die Kuh möglichst permanent Milch geben, also permanent gerade frische Mutter geworden sein oder es zumindest meinen. Der Irrglaube lässt sich in Mutti mit Hormonen prima herstellen, ansonsten wird gekalbt, bis die Schwarte kracht. Das verringert Muttis Lebenserwartung um ein paar Jahre, erst recht aber die des Nachwuchses. Auf zirka ein paar Tage. Denn das Frischgeborene wird unmittelbar nach dem Rausrutschen wahlweise sofort geschlachtet (bevorzugt, wenn er den Schwanz auch vorn hat und eh nie als Milchkuh taugen wird) oder umgehend in Isolierhaft verfrachtet, in eine kleine weiße Plastikbox, in der die Kleinkuh dann jammern, Zuckerlösung saufen und fett werden darf, um dereinst Muttis Nachfolge anzutreten.

Soweit der politisch vollkorrekte Teil, auf den Strubbel Ströbele sich gepflegt ein Ei backen kann, denn Kalb ist ja nicht gleich Kind und Kuh nicht gleich die Muddi. Aber: wir dürfen ja auch mal an die Verbraucher denken oder sogar unsere eigene Gesundheit, drum:

f) unsere Akkordschwangeren werden häufiger mal krank und fressen daher prophylaktisch und gleich herdenweise Medizinschränke leer, die dann halt auch im Euter landen und von dort im großen Bottich neben der automatischen Melkgasse.

g) Milch hält sich gut gekühlt zwei Tage. Danach wird sie sauer und ungenießbar. Immerhin schwimmt aber nach diesen 2 Tagen des Fett aus der Milch auf dem weißen Wasser, und dieses Fett kann man abschöpfen und zu Butter oder Käse verarbeiten. Hält sich verblüffend lange, das Zeug. Ohne Tricks.

f) Dass unsere „Milch“ länger haltbar ist oder „längerfrisch“ oder gar „H“, verdankt sich ein paar schicken Kniffen, nämlich der „Pasteurisierung“ und „Homogenisierung“. Während erstens nur bedeutet, dass man die Bakterien aus der geklauten Kindernahrung mit Vollgas herauskocht und das Ganze wieder abkühlen lässt, verwandelt das „Homogenisieren“ trotz des klanglich humanen Beigeschmacks die Milch in eine Substanz, die auf der Erde schlicht und ergreifend nicht vorkommt.

Am Rande: Binderfarbe von Brillux ist etwas natürlicher und hält sich sogar noch länger als H-Milch. Zwar kostet der Liter Brillux 4 Euro und wirkt zudem noch etwas rascher gesundheitsschädigend als die Konkurrenz aus dem Milchregal, aber moralisch liegt das Baumarktprodukt um Längen vorn.

Aber, ach, ich hör schon wieder DAS Gegenargument: Hafermilch mag ich aber nicht.

(Seufzend ab).

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Towel Day

Feiern wir also, wieder mal, am heutigen 25sten Mai, den Tag des überlebenswichtigen Handtuchs. Allerdings feiern wir auch weiterhin mit einem weinenden Auge, denn der Mann, der uns den Feiertag beschert hat, fehlt. Immer noch und immer wieder. Am 11. März diesen Jahres hätte er 60 werden sollen, aber statt konsequenterweise auch in Sachen endgültiger Abgabetermin total zu versagen und erst mit 100 das Zeitliche zu segnen, musste Douglas Adams sich ausgerechnet beim Sterben vordrängeln und mit 49 tot vom Laufband fallen. Das war 2001, am 11. Mai, und so wäre 2001 auch ohne den etwas später folgenden anderen 11. ein wahrhaft denkwürdig miserables Jahr gewesen.

Lassen wir die Frage unter den Tisch fallen, ob danach irgendwas kommt, nach dem Umfallen. Douglas hätte das vermutlich kategorisch verneint, aber das nützt ihm nichts, denn unsterblich ist er allemal. Weshalb ich auf zwei seiner Bücher 20 Jahre nach Erscheinen (der deutschen Ausgaben) doch noch mal hinweisen möchte, weil sie neben den weltberühmten „Anhaltern“ immer noch leicht schattig stehen und viel mehr Licht verdient haben.

a) Der tiefere Sinn des Labenz

Als wir den 1992 eindeutschten, dachte ich noch, wir müssten alle paar Jahre mal nachlegen und ergänzen, aber das hat sich zum Glück als Blödsinn entpuppt. Denn die paar Begriffe, die auch nach „Labenz“ noch immer kein Wort gefunden hatten, haben andere nachgeliefert  (ausgiebigst, z. B. auf der Seite Freut Euch des Labenz.) Das Original (sowie, mit Verlaub, die deutsche Version), bleiben aber ein ewiger Quell der Freude, wie ich beim Jubiläums-Durchblättern unserer gemeinsamen Ausgabe feststellen durfte. Und die allerschönste Ausgabe, nämlich das Hardcover mit dem blauen Schnitt oben und dem höchstens total versehentlich an Langenscheidt erinnernden Umschlag gibt´s gebraucht schon ab zirka 5 Euro. Sogar mit dem wichtigen knallroten Aufkleber: Dieses Buch wird Ihr Leben verändern. Das stimmt. Und welches Buch kann das schon von sich behaupten, ohne rot zu werden?

b) Die Letzten ihrer Art

Ein amazon-Rezensent schrieb dazu unlängst sinngemäß, es könne nicht angehen, dass das iPad ein Millionenbesteller ist und dieses Buch nicht. Da hat er recht, ebenso wie die vielen anderen Leser, die in den Kommentaren zum Buch des Lobes randvoll sind. Leider konnte ich niemand überreden, zum 20sten Jubiläum dieses Reiseberichts eine schicke Neuausgabe herauszubringen, und zwar möglichst eine mit dazugehöriger App fürs iPad und all den wunderbaren Fotos und Soundfiles, die damals auf der Reise entstanden sind, aber auch die normale schlanke Textversion (mit ein paar Dutzend Fotos) ist im Lauf der 20 Jahre kein bisschen schlecht oder staubig geworden, sondern glänzt durch die Epochen wie ein gut polierter und sehr bunter Leuchtturm. Die Idee, ausgerechnet Douglas (an der Seite des Zoologen Mark Carwardine) durch die Welt zu schicken und nach gefährdeten Tieren Ausschau halten zu lassen, war absolut nicht nahe liegend, aber dafür eine der besten, die die BBC jemals hatte (und die BBC hatte viele gute Ideen, im Lauf der letzten hundert Jahre). Adams´ kolossaler Esprit vermittelt sich hier vortrefflich auch jenen, die nie im Leben zum tieferen Sinn des „Anhalter“s fänden, weil ihnen das Label Science Fiction abschreckend im Weg steht; in „Die Letzten“ reist Adams nicht klug, komisch und philosophisch durch Raum und Zeit, sondern klug, komisch und philosophisch durch unsere Welt, und wie er das macht, ist und bleibt unerreicht. Große Kunst. Großes Herz. Große Komik. Und weiterhin eine dringende Leseempfehlung, denn was hier beschrieben ist (in Sachen „Wir und unsere Artverwandten“), hat sich nicht inzwischen zum Besseren gewandelt, sondern höchstens zum Schlechteren.

Um so blöder, dass Douglas in den letzten 11 Jahren so erschütternd wenig geschrieben hat. Aber ganz gleich, wie empörend wir das finden, unsere Kritik erreicht ihn vermutlich nicht. Und falls doch, holt sie ihn leider nicht zurück. Dem Himmel sei Dank, dass er ein paar Sachen fertig gestellt hat, die uns niemand mehr nehmen kann.

P.S. Am Rande bemerkt: zum 2osten Geburtstag des „Last Chance To See“-Originals hat Douglas´ damaliger Mitreisender Mark Carwardine sich erneut auf die Reise begeben, diesmal – mangels Douglas – mit dessen zu Lebzeiten gutem Freund Stephen Fry. Fry ist fraglos ein sehr komischer Mann, aber wer sich die 2010er Doku ansieht oder das dazugehörige Buch liest (nur auf englisch), wird leider vor allem daran erinnert, wie einmalig Adams eben war.)

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Nou Camp 2.0

Wegen der großen Nachfrage zeigt der Kinopalast im Kopf bis zum 8. Juni im Kino 11 ab jetzt rund um die Uhr „Der Alptraum von Nou Camp“ und „Finale dahoam“ als Katastrophen-Horror-Double-Feature. Mitgebrachte Therapeuten haben gegen Vorlage ihres Diploms freien Eintritt.

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Fey (assaulted)

Comedienne Tina Fey (30 Rock) hat ein Buch geschrieben: Bossypants. Für ihre garantiert zahllosen weiblichen Fans mit coolem Humor. Weshalb Fey gleich mal vorneweg für alle, die ihr Buch gekauft haben, „um sich unterhalten zu lassen“, genau einen Spitzenwitz reinpackt. Damit frau „was für ihr Geld bekommt“. Der Witz ist, logisch, das ist ja der Witz, entsprechend billig, geht aber leider in der deutschen Übersetzung so: „Zwei Erdnüsse gingen die Straße lang, und eine war gesalzen.“

Das ist in so fern fies, als der eigentliche Metascherz ganz gut ist, denn der „hier-bekommen-Sie-was-für-Ihr-Geld“-Witz selbst ist der älteste, blödeste und bekannteste Kalauer der englischsprechenden Welt. Weshalb man ihn eben nicht 1:1 übersetzen kann, denn „Two peanuts were walking down the street, and one was asalted“ lebt vom Kalauspiel „was a salted / was assaulted“, „war gesalzen / wurde angegriffen“.

Gut, ja, ich bin eine kleinliche Zicke mit Bartschatten, aber wenn schon so was auf Seite 2 in der Übersetzung daneben geht, möchte ich den Rest doch lieber nicht mal ahnen. Geschweige denn lesen. Aber das Original ist, wie die originale Fey, vermutlich lustig.

Tina Fey / Bossypants – Haben Männer Humor? (Rowohlt, Juni 2012, 288 S., 13.95 €); Originalsprachliche Ausgabe z. B. bei amazon.uk für 5 € & Zustellung.
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