Life is stranger than fiction # 2644

2013, Fernseh, „Der letzte Bulle“ (S4, Ep 4, „Kein Sterbenswort“): Ein bis dahin völlig unbescholtener Bürger türkt einen islamistischen Anschlag, bei dem er selbst zu Tode kommt, um die Auszahlung seiner erst ein Jahr zuvor abgeschlossenen Lebensversicherung an seine Hinterbliebenen sicherzustellen. (Der imdb-Schwarm vergab „nur“ 7,5 von 10 Sternen, mancher fand den Plot doch arg weit hergeholt.)

2017, Leben: Ein bis dahin völlig unbescholtener Bürger türkt einen islamistischen Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund, um den Aktienkurs der Borussia-Dortmund-AG nach unten zu manipulieren und so Gewinn aus den von ihm gekauften Put-Optionen zu ziehen. (Der Postillon findet das (fake-stellvertretend für RTL) nicht nur arg weit hergeholt, sondern völlig unrealistisch.)

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Neues vom Mob

Respekt. Big Pharma setzt weiter Maßstäbe in Sachen Moral, aber da die Branche aus unerfindlichen Gründen noch immer nicht verboten ist, ziehen wir anerkennend unsere Hüte. Diesmal für Aspen Pharmazeuticals (Firmensitz Südafrika & Dublin), denn deren knorke Businessidee geht so: Man kaufe (für 273 Millionen) von GlaxoSmithKline 5 Chemotherapie-Firmen, deren Produkt-Patente gerade ausgelaufen sind – und nutze anschließend eine winzige Gesetzeslücke, um die Preise für die Produkte geringfügig anzuheben. Um 4.000 %.

Da kann doch keiner „Nein“ sagen. Schon gar kein staatsfinanziertes Gesundheitssystem, denn das meint es doch gut mit seinen Schwerkranken und rettet die, koste es, was es wolle. Auch zum Vierzigfachen des Preises von eben gerade noch.

Zwei Wermutstropfen fallen aber doch in die Champagnerfässer der Aspen-Mafiosi, denn es ist schon doof, wenn dann emails geleakt werden und herauskommt, dass man die bockigen Spanier und Italiener glatt erpresst hatte. Also ihnen offen angedroht hatte, sie im Protestfall einfach nicht mehr zu beliefern – und notfalls die ganzen Chemo-Vorräte zu vernichten. Sprich: Alle Patienten einfach zu killen, die nun mal auf genau diese Medikamente angewiesen sind.

Schutzgelderpressung? Ja. Die kostet dann allerdings nur 5 Millionen, und diese Strafzahlung ist natürlich ein von Aspen bereits eingepreister Klacks. Auch wenn die EU-Mühlen sich danach gravitätisch in Bewegung setzen. Da wird man dann für 2022 noch mal gähnend weitere 5 Millionen aus den bis dahin bummelig 5 Milliarden Gewinn zurücklegen müssen, für den außergerichtlichen Vergleich.

Wermutstropfen 2 fällt da im Gesamtchampagnerfass erst recht nicht auf, die bittere Note versendet sich spielend. Nur für sich genommen schmeckt die Mitarbeitermail, die der Londoner Times zugespielt wurde, ein bisschen bitter: “We’ve signed new reimbursement and price agreement successfully: price increases are basically on line with European target prices (Leukeran, a bit higher!)… Let’s celebrate!”

Das muss Aspen noch von den Großen lernen: Triumphale Raubzüge hinter dem Vorhang zu feiern und stillschweigend zu genießen. Alles andere klappt ja schon vorbildlich.

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Fischer im Trüben

Richter Thomas Fischers Kolumne ist ja eh Pflicht, aber diese Woche gleich doppelt – man braucht zwar Nerven wie Drahtseile und kann nach der Lektüre  nicht mehr schlafen, weil diese Leute überall sind, aber zwischendurch unterhält Fischer natürlich auch, wie stets, und zwar vernichtend. Wie stets.

Prägnanter als Fischer mitten in seinem exemplarischen Talkshow-Bashing kann man jedenfalls nicht begründen, weshalb der Rückbau der Öffentlich-Rechtlichen in Richtung des existenzbegründenden, ursprünglich demokratiefördernden Sendeauftrages spätestens übermorgen erfolgen muss. Und die kursiv perfekte Kernformulierung schneide ich mir aus und hänge sie mir an den Badezimmerspiegel, damit ich ab jetzt allmorgendlich was zu lachen habe.

„Die Uninformiertheit der Redaktionen solcher Formate ist Programm, viel mehr noch als die selbstgefällige Ahnungslosigkeit der zu Intellektuellen emporfantasierten Moderatoren. Es geht nämlich allein und ausschließlich um „Quote“, also um Geld. Dafür braucht man eine möglichst große Masse an uninformierten Fernsehzuschauern, die sich (tatsächlich oder angeblich) nicht länger als eine Minute konzentrieren können, bei denen jede ernsthafte Sachdiskussion eine unerträgliche Langeweile auslöst und die meinen, mittels Fernbedienung zu Definitionsherren der Wirklichkeit werden zu können: Maischberger, Dschungelcamp oder Big Bang Theory. Da müssen alle dreißig Sekunden die Fetzen fliegen, die Möpse hüpfen oder die Zoten aus dem Jubel-Automaten purzeln, sonst ist der biodeutsche Dichter und Denker gelangweilt. Willkommen in der Brave New World„.

Touché? Das klingt so nach feinem Florettchen. Hier: doch eher ein gerechter Morgensterntreffer. Alles Weitere: dort.

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Sonnenwende

Es ist ein Sieg gegen Windmühlen, en passant ein Triumph über Big Oil und ein echter „Turning Point“, vor allem Dank der chinesischen Investments im vergangenen Jahr: Solarstrom ist seit Dezember 2016 die günstigste Energiequelle der Welt, nur noch halb so teuer wie Kohlestrom, inzwischen sogar günstiger als Windenergie, und erzeugt bereits mehr Energie als alle Erdölquellen zusammengenommen. Im Verein mit Wind schlagen die „Erneuerbaren“ jede andere Technologie zur Stromproduktion – jedenfalls überall dort, wo Gas-,  Kohle- oder Ölindustrie nicht staatlich gefördert werden.

Sprich: Zum Schutz unserer Versorger müssen wir (Erste Welt) natürlich weiter tüchtig Kohle fördern (sic), Öl subventioniert aus dem Boden pumpen und die Finanzhilfen für die Erneuerbaren möglichst komplett streichen. Das ist zwar schlecht fürs Klima, schlecht für die Preise und schlecht für den Einzelnen, aber gut für das bewährte, längst überholte Modell der dezentralen Stromversorgung.

An der schönen sauberen Zukunft unserer Versorgung wird das aber nichts ändern, sofern nicht Big Oil und Big Nuklear unter der Flaggenaufschrift „Make America Great Again“ auf die absurde Idee kommen, Streit mit China anzufangen.

Oops.

Aber prinzipiell leben wir alle längst im Paradies, nicht vergessen. Es müsst´ nur einer den Stecker aus unserer selbstgebauten Instant-Hölle ziehen.

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Augen zu beim Linsenkauf

Totale Entwarnung. Dem Hersteller zufolge (telefonisch verhört) passiert das nur mit 0,3% der ausgelieferten Linsen, und sollte es doch mal im Auge passieren, nicht unmittelbar davor völlig grundlos auf der Fingerspitze, tut das auch höchstens so weh „wie ein kleiner Stein“. Na. Ich weiß ja nicht. Linsen rutschen doch gern auch mal nach oben weg …?

Gibt´s ne Facebook-Sammelseite? „Glasbrechung für Fortgeschrittene“? Falls ja: Immer her mit dem Link, dann finde ich bestimmt wen, der die (Ent)Warnung weitergibt …

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Urheber mit Bodenhaftung

Also, bitte, MEEDIA, das ist doch jetzt echt Erbsenzählerei. Da der Urheberverein VG Wort schon seit Jahrzehnten so schön die Interessen seiner wichtigen Mitglieder (der Verlage) gegen die Interessen dieser ganzen unwichtigen Hungerleider vertritt (Autoren oder so), sind doch wohl Business-Flüge für Ehrenamtliche ein Selbstgänger. Immerhin hat ja sich ja keiner von denen auf Vereinskosten einen eigenen Learjet gekauft, also, Urheber: Nicht aufregen und schön weiter zweiter Klasse zugfahren (ohne Sitzplatzreservierung).

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Jawoll, mein Staat

Repräsentativ befragt (für „jung & naiv„), befürworten 51% der Deutschen die Einrichtung eines staatlichen Wahrheitsministeriums. Klassische Lektüreempfehlung für das kommende Wegstück (neben, natürlich, Orwell und Huxley): „Der Untertan“ von Heinrich Mann.

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