Dummbox an, Demokratie aus

Als „Idioten“ (= Einzelperson, unwissende) bezeichnete man ursprünglich treffend jede/n, der nicht den Großteil seiner freien Zeit der öffentlichen Debatte widmete, wozu selbstredend gehört, dass man auch weiß, worüber man debattiert. Diese conditio sine qua non für jede Demokratie ist heute weniger gegeben denn je – obwohl wir, anders als die altgriechischen Idioten, ungeheuer luxuriös viel Zeit haben, um eben dies zu tun: uns zu informieren und hernach im Sinn des Gemeinwohls zu debattieren und abzustimmen. Sagenhafte 5 1/2 Stunden pro Tag stehen uns durchschnittlich zur Verfügung, um unsere Nasen in unsere eigenen Angelegenheiten zu stecken, aber selbstredend machen wir genau das nicht, sondern hocken 5 dieser 5 1/2 Stunden vor der Dummbox (ergänzt durch ein Dutzend youtube-Katzenvideokanäle); die verbleibende halbe Stunde täglich studieren wir mit frischem Marker die Top 5 der für uns relevantesten Periodika: Fernsehzeitschriften. (Einzig die Eskapistenpostille Landlust schafft es, gegen den Trend wachsend, in die Top 8 der deutschen Zeitschriften vorzudringen, der Rest ist Fachliteratur für Dauerverstrahlte, siehe Link unten). Somit überlassen wir, bestens unterhalten von Soap bis Superstarsuche, unsere politische Bildung einem Medium, in dem kein Argument überlebensfähig ist, dass sich nicht in einem Satz zusammenfassen lässt – und das vollständig von eben jenen 10% gesteuert wird, die noch von unserem desaströsen System profitieren. Und so hält sich sogar meine Freude über die Absatzeinbrüche der Lückenpresse von Spiegel (- 9,4%) bis FAZ (-13,7%) in engen Grenzen.

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