Tussikratie & Pöbelpirincci

Saudummer Titel, saugutes Buch: „Tussikratie“ von Teresa Bäuerlein und Friederike Knüpling ist allerdings schon in der FAS (von Antonia Baum) so vollständig richtig gelobt worden, dass ich meine Stichwortsammlung jetzt wegwerfen und mich schlicht anschließen kann: Lesen. Jede. Jeder. Und die Quintessenz kapieren: „It´s the economy, stupid!“ Es liegt nicht am Geschlecht. Ist wurscht, ob der/die Sharholdervaluekingqueen an der Spitze einen Schwanz hat oder Brüste.  Liegt am komplett bescheuerten System, und dessen ProfiteurInnen lachen sich diverse Äste, weil draußen „Feministinnen“ den Mann (an sich. Jeden. Sowieso) als Feind ausgemacht haben und vor lauter fleißiger Begeisterung nicht mal mehr schnallen, wie hirnlos ihr Treiben ist. Das gibt zwar untereinander Fleißkärtchen (und eine dazu vom virtuellen Schattenwirtschaftsvatti), aber der entspannten Beziehung zwischen Männern und Frauen ist damit nicht gedient – obwohl die problemlos machbar wäre. Die Frontlinie in diesem „Krieg“ verläuft eben nicht zwischen Frau und Mann, sondern zwischen Klug und Doof. Und leider ist Doof, wenngleich in der Unterzahl, wesentlich lauter.

Sogar noch lauter, allerdings nur teilweise doof, ist Akif Pirincci. Dessen Pöbelbestseller „Deutschland von Sinnen“ ist von unseren meinungsbildenden Redakteuern unisono verrissen worden, kaum verwunderlich, da Pirinicci eben diese Redakteure (neben anderen) mit säckeweise Kraftausdrucken bombardiert. Nun hat Pirincci zwar fraglos nicht alle Latten auf dem Laster, vergreift sich konsequent im Ton und verliert in seinem Kapitel über Frauen derartig den Faden zwischen Couch, Schwanzsteuerung und verletztem Stolz, dass man ihn wahrlich mühelos zerschreiben kann – oder wenigstens könnte. Andererseits aber prügelt er wütend in die gleiche Kerbe, in die auch Bäuerlein und Külping sehr sanft Salz streuen, nennt dabei aber nicht nur Rosse und Reiterinnen, sondern verpasst ihnen auch gleich verbale Gnadenschüsse. Und tritt sicherheitshalber noch mal drauf, obwohl sie schon tot am Boden liegen. Solches Verhalten indigniert als nicht satisfaktionsfähig zurückzuweisen (oder gar von hinterm Rotweinkelch drei aus das Buch mit „Mein Kampf“ zu vergleichen, wie´s die ZEIT meinte sich erlauben zu dürfen), ist allerdings bloß billig und blasiert. Nur wird eine Debatte über all die angesprochenen extrem wichtigen Fragen mit den (von Pirincci viel zu sachlich als Arschgeigen und Wichser etikettierten) Journalisten- und Politdarstellern unserer Zeit schon deshalb nicht stattfinden, weil diese nicht nur eklatant borniert sind, sondern überdies eklatant verantwortungslos. Was wirklich ärgerlich ist, denn wenn kurz nach dem Crash 2016 die Sozialnationalisten erdrutschartig das Land übernehmen und um des lieben Waffenfriedens willen NPD und Konsorten was zum Spielen geben müssen (nennen wir´s doch gleich wieder „SS“ und „SA“), dann sind die Blasierten von heute nach Diktat verreist, in die Toskana, mit unschuldig gewaschenen Händen, und wir sitzen hier vor brennenden Fassaden.

Was sich ja vermeiden ließe. Ginge man denn auf die zu Recht Entnervten ein. Auch wenn die verständlicherweise langsam die Nerven verlieren. Und sich eindeutig im Ton vergreifen.

(Ich gebe aber zu, dass ich bei Pirinccis Vergreifen nicht nur oft den Kopf geschüttelt, sondern auch viel gegrinst habe. Förmlich schallend hier, beispielhaft: „Und dass das Wort „Betreuungsgeld“ so intensiv gehaßt wird wie „Judenstaat“ und „Atomkraft“, weil es die ekelhaft perverse, wenn nicht gar satanische Assoziation von einer Nur-Hausfrau heraufbeschwört, die sich um den Haushalt, die Kinder und den Garten kümmert, und das womöglich auch noch freiwillig. Am Ende backt sie zu Weihnachten mit den Kindern Plätzchen, die Drecksau!“)

Teresa Bäuerlein & Friederike Knüpling: Tussikratie – Warum Frauen nichts falsch und Männer nichts richtigv machen können (Heyne April 2014, 320 S., 16.99 €)

Akif Pirincci – Deutschland von Sinnen: Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer (Manuscriptum März 2014, 276 S. 17,99 €)

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